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Donnerstag, 10. Oktober 2013

Erdbeben - Fehleinschätzung und die Folgen

NEWS:
Samstag, den 12.Oktober 2013 - 15.02 Uhr - Am gestrigen Freitag 12 und heute bereits 18 Beben bis ML2,0. Der Schwerpunkt liegt weiter unter dem Inselmassiv in 11 km Tiefe.



Gestern ein Beben ca. 30 km nördlich von Teneriffa (IGN Grafik oben) von ML2,4. Es fand seinen Auslöser in nur 1,1 km Tiefe. Da die seismischen Tiefenmessungen immer von der 0 Linie - das ist in der Regel die Meereshöhe - ausgehen, fand es direkt auf dem Meeresgrund statt. Vielleicht war ein Felssturz in der stark zerklüfteten Meereslandschaft die Ursache.
Auf El Hierro halten die Beben ihre Lage unter dem Taganasoga und Malpaso bei. Wie aus der Avcan Karte zu sehen, gab es nur einen südlichen Erdstoß beim Eldiscreto. Die restlichen 10 schwachen Beben vom Mittwoch bis ML1,6 lagen unter dem Inselmassiv in 9,9 bis 12,9 km Tiefe. Heute bisher 4 neue Erdstöße.


Die Erdbeben-Katastrophe von L’Aquila  - nachgehakt:

Im letzten Jahr hatte ich über den Gerichtsprozess von L’Aquila in Mittelitalien berichtet.
Im Oktober 2012 wurden dort vom Gericht sieben Fachleute, darunter auch Geologen und Seismologen, wegen fahrlässiger Tötung zu 6 Jahre Gefängnis verurteilt.

Bei dem verheerenden Erdbeben von ML6,3 am 6.April.2009 in L’Aquila starben 307 Menschen. Am Tode von 29 Bewohnern und mehreren Verletzten sollen sie direkt schuldig gewesen sein, da sie als Fachleute trotz besseren Wissens die Gefahr verharmlost haben. Ein Teil der Bewohner blieb aufgrund der fachlich falschen Einschätzung in ihren Häusern und wurden von Trümmerteilen erschlagen.

In der Urteilsbegründung wird den Geologen nicht etwa vorgeworfen, das Beben und die zu erwartende Bebenstärke nicht vorhergesagt zu haben. Dies sei auch nicht möglich.

Es geht vielmehr um die „unvollständige, ungenaue und widersprüchliche Informationen zur Natur, Ursache, Gefahr und künftigen Entwicklung der seismischen Aktivität“
Während im Katastrophenstab einige Geologen durchaus die Möglichkeit eines schwereren Beben prognostizierten, vertraten Andere und die politischen Verwaltungsmitglieder die Ansicht, die Bevölkerung nicht mit Horrorgemälden weiter zu verunsichern.

"Der Erdbebenschwarm sei kein Vorzeichen für weitere Beben, sondern ein normales geologisches Phänomen - die Lage sei günstig und es bestehe keine Gefahr"
Also kein Grund zur Beunruhigung - alles sei Normal.
So letztendlich das gemeinsam veröffentlichte Kommuniqué.

Die Mitglieder des Katastrophenstab hätten damit ihre gesetzliche Informationspflicht verletzt und wurden kollektiv alle zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt.

"Mitgehangen - Mitgefangen" - könnte man jetzt sagen.

Auch Wissenschaftler, zumindest wenn sie amtlich bestallt und aus öffentlichen Kassen bezahlt werden, sollten soviel Ego und Berufsehre besitzen, nicht jede gemeinsame Entscheidung wider besseren Wissens mitzutragen.
Sie sind die Fachleute mit dem entscheidenden Vorsprung an Wissen und Insiderinformationen und sollten mit ihren Erkenntnissen keine Geheimniskrämerei betreiben. Soviel Mumm und Ehrlichkeit darf man schließlich erwarten.

Ehre wem Ehre gebührt.
Ich kann noch verstehen, wenn neue wissenschaftliche Entdeckungen solange zurück gehalten werden, bis eine Fachzeitschrift den Artikel veröffentlicht hat.

Geht es aber um Menschenleben, darf keine Zeit verloren gehen. Es muss auch mit aller Eindringlichkeit vor der Gefahr gewarnt werden.
Sie haben auch in diesem speziellen Fall eine Verantwortung für ihre Mitmenschen.

Politik und Wissenschaft lassen sich nicht immer unter einen Hut bringen. Das wissen wir nur zu gut.

Die Allgemeinheit bezahlt diese Wissenschaftler direkt oder über irgend ein Forschungsprojekte und hat dann auch das verdammte Recht eine ehrliche Einschätzung über die zu erwartende Bedrohung zu erhalten.
Wer sich hinter einer Institution wie dem Katastrophenstab versteckt, läuft dann halt auch Gefahr für eine gemeinsame Fehlinformation mit tödlichen Folgen bestraft zu werden.

Noch läuft in Italien das Berufungsverfahren, dessen Ausgang aufgrund der unsicheren Rechtlage, ungewiss ist. Das Urteil kann bestätigt oder aber verworfen werden ... warten wir ab.

Das Urteil hat auch in anderen Ländern eine rege und kontroverse Diskussion ausgelöst. Kein Geologe oder Vulkanologe würde in Zukunft in einem Krisen- Gremium mehr mitarbeiten oder sich bei einer Prognose festlegen - so die Aussagen.

Das ist aber auf Dauer auch nicht die Lösung. Schweigen mag in manchen Dingen zwar "Gold" sein. Seine Überzeugung - auch gegen Widerstand zu vertreten, zeugt aber von Aufrichtigkeit.

"Ein Mensch ohne Aufrichtigkeit ist ein Gefährt ohne Achsen, unbeweglich und unverwendbar." 
- nicht von mir, sondern von Konfuzius (551-479 v. Chr.)

Donnerstag, 28. Februar 2013

El Hierro Vulkan - Konsequenzen in Italien

NEWS: - 17.10 Uhr neuer Erdstoß von ML1,6 in 18 km Tiefe an der Steilküste von El Julan im Süden.

Unter El Hierro bleibt es weiter ruhig und ohne neue Beben.

Schlagzeilen erzeugte im Herbst 2012 eine Entscheidung des Gericht von L'Aquila in Mittelitalien das 6 Vulkanologen/Seismologen und einen Behördenvertreter wegen fahrlässiger Tötung für 6 Jahre ins Gefängnis schickte.
Den Fachleuten wurde vorgeworfen trotz klarer Anzeichen und Vorbeben die Bevölkerung über die Gefahr weiterer und schwererer Beben im Unklaren gelassen zu haben.
Sie sollen Mitschuld am Tod von 29 Bewohner von L'Aquila haben. Bei der Tragödie starben insgesamt 300 Menschen und viele Bewohner wurden verletzt.

Der Tagesspiegel hat unter  "Verschobene Verantwortung" einen interessanten Bericht zur Urteilsbegründung, die erst jetzt bekannt gegeben wurde, veröffentlicht.

Nicht die unmögliche Vorhersage eines starken Beben, sondern die unvollständige, ungenaue und widersprüchliche Informationen zur Natur, Ursache, Gefahr und künftigen Entwicklung der seismischen Aktivität seien für das harte Urteil ursächlich. Die Angeklagten hätten damit ihre gesetzliche Informationspflicht verletzt.
Zum gesamten Artikel geht es hier.

Es ist natürlich für die Wissenschaftler nicht gerade einfach Verhaltensregeln für die Zukunft aufzustellen. 
Evakuierung Ja oder Nein. Passiert nichts, war es überzogen. Gibt es aber Verletzte oder gar Tote kommt die Frage der Haftung oder gar strafrelevante Tatbestände zum Zuge.

Es ist zumindest in Deutschland oder Spanien keine kollektive Entscheidung. Hier sitzt dem Krisenstab ein Vorsitzender vor, der nach Abwägung und Einschätzung seiner Berater (Geologen, Vulkanologen usw.), eigenständig die Entscheidung fällt.  
Er ist alleine für die Folgen verantwortlich oder im Erfolgsfall ein Anwärter für den Verdienstorden.
Beim Vorsitzenden des Krisenstab/Pevolca handelt es sich in beiden Ländern um einen Beamten oder/und einen Politiker. Haftungsrechtlich sieht es hier dann wieder ganz anders aus. In Ausführung seiner hoheitlichen Aufgaben wird er nicht wie ein Normalbürger strafrechtlich belangt. 
Mir ist zumindest bisher noch kein Fall bekannt geworden, daß der Vorsitzende eines Krisenstabes strafrechtlich für eine Fehlentscheidung verurteilt wurde.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

El Hierro - Entrüstung unter den Geologen

NEWS:
Auch gestern und in der vergangenen Nacht kein weiteres Beben unter El Hierro. Die Lage ist ruhig und die weitere Entwicklung muß jetzt erst einmal abgewartet werden.

Nicht ganz so ruhig geht es im Augenblick unter den Wissenschaftlern zu.

"Geologen können Erdbeben nicht vorhersagen"


"Ich sehe keine Möglichkeit mehr in Ruhe und Frieden in dieser Kommission weiter zu arbeiten" sagt der Vizedirektor Mauro Rosi von der höchsten italienischen Risikokommission (Krisenstab) nach dem Rücktritt seines Direktor Luciano Maiani. Mit ihm traten der Direktor des Institut für BauTechnologie, der Sektion von chemischen Risiken und des Institut für Naturgefahren von ihren Posten im Krisenstab zurück.
Über drei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben im italienischen L'Aquila wurden im Strafprozess am Montag alle sieben Angeklagten, sechs Wissenschaftler und ein Behördenvertreter - der Leiter des Krisenstabes - zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Auch werden die Wissenschaftler lebenslang von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen.
Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, die Gefahr des Erdbebens im April 2009 unterschätzt zu haben, bei dem 309 Menschen ums Leben kamen und Tausende verletzt wurden.

Die Geologen und der Beamte der Zivilschutzbehörde  hätten die Anwohner rund um L'Aquila nur „ungenau, unvollständig und widersprüchlich“ über die Gefahren eines Bebens informiert, die tatsächliche Lage herunter gespielt und so den Tod vieler Menschen einfach in Kauf genommen., so die Begründung der Anklage.
 

DDie Kirche "Chiesa delle Anime Sante di L'Aquila" (Foto Wikipedia) nach dem Beben. Sie hat noch am Besten die starken Erschütterungen überstanden.

Bereits Tage vor dem Beben berief der Leiter des Zivilschutz den Krisenstab, darunter Italiens führende Seismologen, in L'Aquila zusammen. "Wir werden jeden Schwachkopf zum Schweigen zu bringen der vor einem großen Beben warnt" - war seine Vorgabe, wie Tonaufnahmen belegen. Die anwesenden Wissenschaftler schwiegen, wider besseren Wissen. Wie etwa der anerkannte und in Fachkreisen geschätzte Direktor Enzi Boschi des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie. Er war es, der bereits 1995 vorhersagte, daß „innerhalb von 20 Jahren“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit es zu einem Großbeben in L'Aquila kommen werde. Davon war auf dem Krisentreffen von ihm nichts mehr zu hören. Zu seiner Verteidigung erklärte er vor Gericht: Herr des Verfahrens“ sei eben die Zivilschutzbehörde gewesen: "Wenn die mich bitten, dieses oder jenes zu sagen, dann sage ich das.“
 

Meinung der Wissenschaft zum Urteil

Nicht nur in Italien sondern in ganz Europa ist die Empörung groß. Hier einige Auszüge:
 
"Ein derart hartes Urteil, bei dem zudem noch alle angeklagten Experten über einen Kamm geschoren werden, hätte ich in einem Rechtsstaat nicht für möglich gehalten", sagte Marco Bohnhoff, Professor am Geoforschungszentrum in Potsdam.
 
Herbe Kritik an der Verurteilung der Geologen kommt auch von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). „Ich halte das für ein krasses Fehlurteil“, erklärte Christian Bönnemann, der Leiter des Seismologischen Zentralobservatoriums der BGR „Die Wissenschaft ist nicht in der Lage, Erdbeben vorherzusagen. Möglicherweise wird das auch nie gelingen.“
 
Peter Herzig, Direktor am Kieler Geomar-Institut, Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, sagte, eine Vorhersage von Erdbeben sei "mit letzter Sicherheit" nicht möglich. Man habe zwar Anzeichen für Naturkatastrophen, aber "das ist keine Wissenschaft, in der man zwei und zwei zusammenzählt, und dann kommt vier heraus". Solche Vorhersagen könne niemand treffen.
 
Auch aus der Schweiz gab es Kritik. „Wir werden in Zukunft noch vorsichtiger kommunizieren müssen“, sagte der Direktor des Schweizerischen Erdbebendienstes, Stefan Wiemer. Die italienischen Kollegen hätten wissenschaftlich gesehen alles richtig gemacht.
 
"Wissenschaftler müssen einfach korrekt die Ergebnisse wiedergeben - mehr nicht", sagte der Geophysiker Jochen Zschau vom Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam. Es sei nicht ihre Aufgabe, die Leute zu beruhigen. "Das ist Aufgabe des Zivilschutzes oder anderer." Der Experte begrüßte, dass das Urteil eine Diskussion über die unsicheren Erkenntnisse der Wissenschaft anrege.
 
Von den direkt Betroffenen in L`Aquilar hört man im Gegensatz dazu nun Erleichterung:
 
"Endlich ein wenig Gerechtigkeit für L'Aquila" so der ehemalige Präsident der Provinz Stefania Pezzopane.
"Warum stahlen uns die Experten die natürliche Angst". Wir hätten uns rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Die Experten wiegten uns aber in Sicherheit. Nun müssen die Wissenschaftler für die Politiker als Sündenböcke den Kopf hinhalten - so ein Anwohner.
 
... und genau hier, an der Schnittkante zwischen Wissenschaft und Politik - liegt der eigentliche Knackpunkt. Damit werde ich mich in den nächsten Tagen etwas Näher noch beschäftigen.