Freitag, 10. Oktober 2014

Erdölbohrung vor den Kanaren

Erdölbohrung vor den Kanaren hat begonnen.


Jeder Grundstückbesitzer wäre “Happy”, wenn unter seinem Land eine Erdölblase gefunden würde. Das flüssige Gold verspricht viel Geld und Reichtum. Die texanische Goldgräber- Stimmung kommt allerdings auf den Kanarischen Inseln nicht so richtig auf.
No- Erdölbohrung vor den Kanaren ist das Motto. Eine mächtige Gegenbewegung von Bürgern, Umweltschützern, Hotelbetreiber und internationaler Touristkunternehmen stellt sich einer Erdölbohrung vor den Kanaren entgegen (Fotos: NoOil Canarias).

Referendum zur Erdölbohrung vor den Kanaren


Auch die örtliche Politik hat inzwischen ihren festen Platz in der Ablehnungsfront gefunden. Dabei war es von Anfang gar nicht klar auf welcher Seite sich die hier herrschende nationale Partei Coalition Canaria (CC) einreiht. Erst als klar wurde, dass es bei der Erdölbohrung vor den Kanaren für die Inseln nichts zu verdienen gibt und Madrid den Erlös der Bohrrechte allein einstreicht, wurde Stellung bezogen. Zudem sind im Mai 2015 Komunalwahlen.

Der Gegenspieler ist der in Gran Canaria geborene Jose Manuel Soria. Heute Minister für Industrie, Energie und Tourismus in Madrid und Mitglied der konservativen Regierungspartei PP. Er hat in seiner Funktion als spanischer Minister die Genehmigung für die Erdölbohrung vor den Kanaren für den Repsol Konzern erteilt. Ein gefundenes Fressen für die schon seit Jahren im Konkurrenzkampf stehenden Parteien. Die CC hatte nun endlich die Möglichkeit ihr ohnehin durch “Vetternwirtschaft” angekratztes Image wieder aufzupolieren und so vielleicht den Wählerverlust der letzten Jahre wett zu machen.

Kurzum wurde vom Kanaren Präsident Paulino Rivero eine kanarische Volksabstimmung – ein Referendum – für den 23. November 2014 angesetzt. Die Ölpläne seien eine Bedrohung für die touristische Wirtschaft, von der die beliebten Ferieninseln leben – so Paulino Rivero.

„Glauben Sie, dass die Kanarischen Inseln ihr Umwelt- und Tourismusmodell wegen der Gas- und Ölsuche ändern sollten?“

So oder ähnlich wird die indirekte Fragestellung an die Wähler lauten. Nach der spanischen Verfassung dürfen allerdings Volksabstimmungen nur von der Madrider Zentralregierung initiiert werden … und das wird Madrid tunlichst vermeiden.
Für die kanarische Regionalregierung ist allerdings der Zustimmungserfolg so gut wie sicher –  falls es überhaupt zur Abstimmung kommt.
Madrid hat bereits angekündigt auch dieses illegale Referendum, nach der geplanten und jetzt verbotenen Volksabstimmung in Katalonien, gerichtlich verbieten zu lassen.

Ölpest bei Erdölbohrung vor den Kanaren zu befürchten?


Zunächst sind es nur Probebohrungen um das genaue Ausmass des Ölfeldes und die Qualität des Erdöl zu untersuchen. Gut 10 Millionen Euro wird nach Angaben von Repsol diese Erkundungsphase kosten. Es gilt aber als ziemlich sicher, dass riesige Mengen dieses Rohstoff unter den Kanaren lagern.
Auch der Canario fährt regelmässig zu seiner Repsol Tankstelle, um sein Fahrzeug genau mit diesem Produkt zu befüllen. Und der Strom aus der Steckdose wird auch mit Schweröl erzeugt. Ohne Erdöl gibt es auch keinen Tourismus.

Erdöl “Ja” – aber keine Erdölförderung direkt vor unserer Haustür. Diese widersprüchliche Denkweise scheint vielen nicht bewusst zu sein. Das Erdöl brauchen wir, aber der Dreck bei einer evtl. Ölkatastrophe sollen Andere in fernen Ländern Auslöffeln. Eine vielleicht zynisch und egoistische Denkweise, aber so denken heute leider viele Menschen. Es gibt auch schon ein Katastrophen-Szenario für einer Ölpest. Mit dem nach Süden treibenden kalten Kanarenstrom werden große Mengen des ausströmenden Erdöl (siehe roter Bereich in der Grafik) an der afrikanischen Westküste Richtung Süden abgetrieben. Betroffen wären vor allem die Ostinseln Fuerteventura, Lanzarote und Gran Canaria.

Die Westinseln wie La Palma oder El Hierro wären davon kaum betroffen. Würden nun die Westinseln genauso egoistisch denken, könnte es ihnen egal sein. Aber auch hier gibt es viel Solidarität mit den Brüdern und Schwestern in der östlichen Region.

Grundsätzlich muss auch die Frage aufgeworfen werden, warum nicht in den wirtschaftlich guten Zeiten als noch reichlich Fördermittel aus Madrid und Brüssel flossen, nicht für eine sinnvolle Verwendung dieser Mittel protestiert wurde. Nur die Insel El Hierro hat es verstanden in regenerative Energie zu investieren. Heute erzeugt sie als einzige Insel 100% des verbrauchten Strom aus Windenergie. Alle anderen Inseln haben es vorgezogen in heute leerstehende Wohnblocks, sinnlose Betonfragmente, übergroße Straßenprojekte oder kaum benutzte Flugplätze zu investieren. Wo die notwendige Energie herkommen soll, war damals kein Thema.

Aus Sicht der Zentralregierung in Madrid handelt Minister Jose Manuel Soria im Interesse von Gesamtspanien. Fast 100 % des verbrauchten Erdöl in Spanien muss eingeführt werden. Welch ein Glück zufällig im eigenen spanischen Territorium eine ergiebige Öl Lagerstätte zu finden und auszubeuten zu können. Rücksicht auf die Kanaren wird er dabei nicht nehmen. Auch im Mittelmeer vor den Balearen werden Erdölfelder vermutet. Auch hier wäre der Tourismus betroffen.

Warum ich trotzdem gegen eine Erdölförderung vor den Kanaren bin


Es ist die besondere Lage der Kanaren. Im geologischen Untergrund lauert ein Vulkan. Der Kanarische Hotspot wartet nur auf seine Chance.

Eine Erdölbohrung vor den Kanaren würde genau in Richtung des vermuteten Magmakanal, der sich bis zur afrikanischen Westküste erstreckt, führen (siehe schematische Grafik). Bei einer Bohrung bis in 6700 Meter Tiefe (so ist es genehmigt) würde der Bohrmeißel selbst nicht in Berührung mit dem in rund 15 km tief liegenden Magma kommen. Bei einer späteren Ölförderung ändern sich aber die Druckverhältnisse im Deckengewölbe der Magmakammer. Die unter hohem Druck stehenden flüssigen Gesteinsmassen und Gase könnten dadurch animiert werden und unerwartet aufsteigen. Siehe auch “Die Suche nach dem schwarzen Gold”.
Mit dieser Naturgewalt und den dann auftretenden katastrophalen Folgen sollte sich der Mensch lieber nicht anlegen oder es auch nur testweise versuchen. Bisher wurde auch noch in keinem Land der Erde der Versuch unternommen in einem vulkanaktiven Gebiet über einem Hotspot Erdöl zu fördern. Es wäre ein Experiment mit unbekanntem Ausgang. Sonst wird das jetzt noch als Szenario dargestellte, vielleicht schnell Wirklichkeit.

1 Kommentar:

  1. Hallo Herr Betzwieser, vielen Dank für den Artikel. Hoffentlich lesen ihn viele Menschen. Nur werden ihn leider keine Verantwortlichen lesen und das ist das Problem. Sie haben mir mal vor längerer Zeit nach den ersten Beben vor Lanzarote und Fuerteventura geantwortet, daß Sie glaubten, "die Sache sei erledigt"..... Nun, ist sie aber nicht und die Gefährlichkeit ist unermeßlich. Dies abgesehen von dem Hotspot, über dessen Auswirkungen wir gar nicht nachdenken dürfen, vor allem deshalb, weil wir kein Grundwasser haben, sondern Meerwasser entsalzen wird. Jeder möchte Auto fahren und braucht Benzin, gebe ich zu. Beim Einkauf wird man gleich als "pinibler Deutscher" angesehen, wenn man auf die Plastiktüten verzichtet, von den ganzen Verpackungen mal abgesehen. Vor allem die beiden am meisten betroffenen Inseln Lanzarote und Fuerteventura bieten angeahnte Flächen für regenerative Energien, aber es stehen mal gerade 2 kleinste Windkraft-Anlagen auf Lanzarote. Aber das alles ist eine Lobby wie in der Pharmaindustrie. Förderungen können nicht gegeben werden, da kein Geld in der Haushaltskasse, also investiert keiner (Spanien ist angeblich viel zu unsicher). Keine genügende Elektrokapazität - keine Elektroautos (wer soll die bezahlen, wenn nicht wenigstens die Autohersteller hier ein Einsehen haben). Und das Allerschlimmste ist noch, daß die Menschen getäuscht werden. Diese Volksabstimmung wird so kompliziert werden, statt einfach mit "Für Ölförderung", Antwort: "ja" oder "nein" stimmen zu können. Und die meisten Kanarios glauben immer noch, daß es Hunderte von Arbeitsplätzen geben wird. Hoffentlich werden diese Arbeitsplätze heute nicht schon mit einer eventuellen "Strandreinigung" einkalkuliert.
    Romy S. Lanzarote

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