Montag, 2. Juli 2012

El Hierro Vulkan - leichte Entspannung

NEWS:
20.35 Uhr - Seit 12.51 Uhr haben die stärkeren Beben wieder mit bis zu ML3,6 in 18 bis 21 km an der Westspitze eingesetzt. Auch die Deformation an der GPS Station HI10, das ist im Eldiscreto Küstenbereich im Süden, weißt Abweichungen von jetzt über 10 cm auf. Im Moment nun wurde es wieder etwas ruhiger, aber der nächste Schwall wird nicht lange auf sich warten lassen.
Heute war ich den ganzen Tag im Bereich um Sabinosa - im südlichen Golfotal - und werde über meinen Aufenthalt morgen berichten.

Ein ruhiger Morgen wie immer. Die anbrandenden Meereswellen geben den Ton an. Ein unverändertes Schauspiel wie ich es seit Jahren bei meinen El Hierro Aufenthalten im Nordosten gewohnt bin. Oder gestern Nachmittag im Golfotal - hier links der Blick zum Westzipfel - lassen nichts Ungewöhnliches erkennen oder gar Bedrohliches vermuten. Wären da nicht die in Intervallen auftretenden Zitterbewegungen, die Beben. Mal nur schwach, dann wieder deutlicher zu spüren. Sie sind einfach da. Alle Bewohner gehen ihrem normalen Weg nach, als sei nicht besonderes unter ihren Füßen im Gange. Wenn man allerdings die Sache hinterfragt merkt der Beobachter sehr schnell, daß Viele eine untergründige Angst mit sich herum tragen. Die Ungewissheit was vielleicht als Nächstes passieren könnte. Durch die Vielzahl der Beben über mittlerweile nun fast 12 Monate, sind die Erschütterungen schon langsam zur Gewohnheit geworden. Ob die jüngste Bebenwelle allerdings auch wieder so glimpflich ausgeht, versehen meine Gesprächspartner alle mit einem großen Fragezeichen.
Gestern um 10.11 Uhr erlebten wir ein ML4,0 Beben (zunächst sogar mit ML4,2 gemessen) in 17 km Tiefe an der Westspitze. Seit dem flauen der Tremor und die Beben etwas ab. Das ist aber der normale Zyklus den wir aus dem Vorjahr kennen. Ingesamt gab es trotzdem am Sonntag wieder 116 Erdstöße, davon 67 mit mehr als ML2,0.
Die gemessenen Gaswerte sind laut IGN im normalen Rahmen, was das auch immer heissen mag. Zahlen werden nicht genannt. Nach GPS Koordinaten Messungen setzt sich die vertikale Verschiebung der Insel fort und liegt nun bereits bei 7,5 cm. Die horizontale Verformung bleibt unverändert bei 6 cm.
Es bleibt nun einfach abzuwarten, was der Vulkan als Nächstes vor hat. Ich kann nur immer wieder betonen, wie bei diesem Naturereignis der Mensch und auch der Fachmann ohnmächtig daneben steht und tatenlos den nächsten Schritt abwarten muß.
Gefreut haben sich auch die Herrenos gestern Abend nach dem 4:0 Sieg gegen Italien. Es war ein Ereignis als neuer Europameister so triumphal, trotz Wirtschaftskrise und Vulkan, wieder einmal an der Spitze zu stehen. Dieses Sportereignis lenkte etwas von den Alltagssorgen ab und vergrößert das Zusammengehörigkeits-Gefühl.

Sonntag, 1. Juli 2012

El Hierro Vulkan - der Mensch ist machtlos

NEWS: 18.16 Uhr - heute Morgen zwei Beben mit ML3,5 und kurz darauf um 10.11 Uhr von ML4,0. Beide in 22 km Tiefe ca. 2 - 3 km vor der Südwestküste. Im Moment nur ein schwacher Tremor.
... und kann zur Zeit nur beobachten. Genau beobachten und seine Rückschlüsse ziehen. Erfahrungswerte haben wir vom letzten Jahr. Ob der Vulkan sich auch jetzt wieder so verhält, wird die weitere Entwicklung zeigen. Es ist die Naturgewalt die sich nicht in die Karten schauen lässt und für Überraschungen sorgen kann.

Es ist kein Ende der Beben abzusehen. Wie Meereswellen rauschen sie regelmässig in kurzen Intervallen heran. Ein ML3,6 Beben (IGN Grafik oben) gestern Abend um 21.43 Uhr war auch im Norden zu spüren. Dieser Erdstoß hatte seinen Ausgangspunkt in 20 km Tiefe vor der Küste an der südlichen Westspitze.
Heute Morgen konnte ich das erste Mal eine Militärmaschine, ein Aufklärungsflugzeug über der Insel beobachten. Es stammt wahrscheinlich von der Militärbasis auf Gran Canaria und ist mit Wärmebildaufnahmen und Aufklärungsmaßnahmen über dem Südteil um das Bebenzentrum beschäftigt.
Nicht spektakulär, aber zum Nachdenken! Nach Wochen erstmals wieder ein Beben von ML2,1 bei La Restinga in 19 km Tiefe. Während sich Alle auf den Westzipfel der Insel konzentrieren, meldet sich Eldiscreto mit einem Seufzer zurück. Meine Theorie ging immer vom Wiederaufleben des Eldiscreto aus. Nachzulesen in den Beiträgen der vergangenen Wochen. Die ganzen Aktivitäten unter der Westspitze verharren in der gleichen Tiefe, zwischen 17 und 21 km. Wahrscheinlich sind die über der Magmakammer liegenden Deckschichten zu massiv und nicht zu durchdringen. Wenn das Magma aufsteigt, wird es den geringsten Widerstand suchen und das sind die alten Känäle zum Eldiscreto. Wir werden es sehen.
Wesentlich beunruhigender sind die doch rasch ansteigenden Verformungen der Insel. Bis zu 6 cm haben sich Teile der Insel in die Höhe gehoben. Messungen der Universität Tokio, die zusammen mit Involcan die GPS Stationen betreibt, haben dies festgestellt.
Da hinken die IGN Angaben etwas der Realität nach. Auch das Gobierno de Canarias (Kanaren-Regierung) hat darauf reagiert und eine Meldung zur Verformung heraus gegeben. Was geht hier eigentlich vor ? Durch den stetig aufbauenden Druck von Magma und Gasen in der Magmakammer wird imenser Druck auf alle Außenwände ausgeübt. Das schwächste Glied ist die Decke und die wölbt sich dann wie bei einem Luftballon in die Höhe. 6 cm Verformung mag nicht viel sein. Bei anderen Vulkanen gab es schon Beulen mit 5 Meter und mehr, bis es dann zum Knall - der Eruption kam.
Aber auf El Hierro ist das bisher einmalig. Selbst im letzten Jahr vor der Eruption betrug die Verformung nur 4 cm und dieser Druckanstieg erfolgte langsam, verteilt über mehrere Wochen. Jetzt geschieht alles  innerhalb von 2 Tagen. Die Grafik unten zeigt noch einmal die Standorte der GPS- Messpunkte.
Man könnte glauben, der Vulkan sei jetzt auf der Insel in aller Munde. Weit gefehlt - es wird demonstriert. Nicht gegen die Folgen der Wirtschaftskrise sonder gegen ein Fischfangverbot für alle Gelegenheits- und Hobbyangler. Erst vor wenigen Wochen hat die Kanarische Regierung zum Schutz des durch die Eldiscreto Krise dezimierten Fischbestandes, ein generelles und inselweites Angelverbot erlassen. Dies mit einhelliger Zustimmung der Berufsfischer von La Restinga. Damit ist nun aber der Rest der Insel aus unterschiedlichsten Gründen nicht einverstanden. Daher findet in Valverde am kommenden Montag eine "Manifestacion" statt. So sind sie einfach - die Herrenos.

Samstag, 30. Juni 2012

El Hierro Vulkan - wenn das Glöckchen klingt

NEWS:  17.22  Uhr - die Beben halten weiter an. Der Tremor ist etwas zurück gegangen. Allerdings nimmt die Bodenverformung stak zu. Der horizontale Anstieg bei einer Messtation im südlichen Golfotal beträgt jetzt 6 cm. Ein doch überraschender und noch nie gemessener Anstieg, innerhalb weniger Stunden/Tage.
Falls ich mich in den Tagen nicht planmässig melde,liegt es nicht am Vulkan sondern an meiner schlechten Internetverbindung. Auch Mails kann ich im Moment nicht beantworten.
Die Beben halten weiter an. Um 23.45 Uhr der stärkste Erdstoß der Nacht mit ML3,3 (Grafik). Das Zentrum liegt wie gehabt am Westzipfel der Insel und stabil in 17 bis 21 km Tiefe. Die Verformung der Insel hat weiter zugenommen. Laut Gobierno de Canarias horizontal auf jetzt 4 cm und vertikal um 4,5 cm. Gestern kam mit der Fähre das mobile Katastrophenzentrum der "Grupo Emergencia y Salvamento" im Hafen La Estaca an. Ein Großraumbus mit modernen Satelliten-Nachrichten Systemen, Krankenfahrzeuge und die Begleitmannschaft. Auch scheint wieder ein Emergencia Hubschrauber auf dem Flugplatz stationiert zu sein. Die CSIS hat mit dem Geologen Ortiz wieder ihr Beobachtungszentrum in El Pinar bezogen.
Gestern war ich den ganzen Tag direkt im Bebenzentrum. Im Gebiet von El Julan und La Dehesa. Alles sieht hier ruhig und einsam wie immer aus. Nur ein Touristenpaar aus Nordspanien und erklärte Hobbyvulkanologen und wenige Einheimische liefen mir über den Weg. Kein Wissenschaftler und auch kein Forschungsschiff oder Flugzeug weit und breit waren zu sehen. Eine friedliche Stimmung auf den ersten Blick, wenn ich nicht wüßte was sich im Untergrund zur Zeit so abspielt.
Das Meer vor der Küste mit den üblichen Verfärbungen die durch Meeresströmungen verursacht werden. Keine Anzeichen von Gas- oder Lavaspuren. Verwundert hat mich, daß ich kein einzigen Beben während des gesamten Tages verspürt habe. Es gab zu dieser Zeit eine ganze Reihe von Erdstößen, auch über ML3,0. Allerdings herrschte starker Sturm mit einer lauten Geräuschkulisse und ich fuhr zeitweise mit dem Pkw.

Optisch konnte ich allerdings die Beben sehen. Leichter Erdrutsch und Steinschlag zwangen mich mehrmals zu stoppen und Umwege zu fahren. Es ist schon etwas unheimlich und sicher auch nicht ungefährlich, wenn aus der Höhe plötzlich Steinbrocken Richtung Straße rollen. Ich denke, daß heute diese Strecke wegen Steinschlaggefahr gesperrt wird.
Messgeräte konnte ich entdecken. Eine Vielzahl von technischen Gerätschaften in der Dehesa und im südlichen Eingangsbereich zum Golfotal sind in der Lavawüste vorhanden. Um welche Armaturen es sich im Einzelnen handelt war für mich nicht aus zu machen. Vielleicht kann ein Fachmann unter den Lesern die Geräte anhand der Fotos identifizieren.
Nach einem längerem Gespräch mit einem Herreno, führte mich dieser nachdem er sich von meinen Insiderkenntnissen überzeugt hatte, in sein Haus. Er präsentierte voller Stolz seinen selbstgebauten "Seismographen" (Bild unten). Ein simples Glasgefäß und ein Gewicht das an einem Draht links und rechts herunter hing. Schon die geringste Erschütterung und das hat er manuell demonstriert, brachte den Glaskörper laut zum Klingen. Der Clou dabei ist, daß das Glöckchen und das Amulett auf der rechten Seite, geweihte Andenken der Inselheiligen "Virgen de las Reyes" seien müssen. Nur so würde es funktionieren - so die Meinung des Herreno. Auf die Politiker und die Pevolca sei kein Verlass. Sie würden die Bevölkerung mit keinen Informationen und wenn, dann nur mit gefilterten Infos, versorgen. Hier müsse man dann schon zur Selbsthilfe greifen und selbst bestimmen, wann und was das Glöckchen geschlagen hat, um die Koffer zu packen und die Gegend zu verlassen.
Das war vielleicht gestern mein interessantestes Erlebnis in der südwestlichen Einöde.


Freitag, 29. Juni 2012

El Hierro Vulkan - stationäre Beben an der Westspitze

NEWS: 19.05 Uhr - heute Nachmittag bereits wieder vier Beben mit mehr als ML3,0. Der stärkste Erdstoß um 13.11 Uhr mit ML3,3 in 18 km Tiefe am Westzipfel. Da wo ich heute war. Dazu aber später mehr.
Die Bebenkurve zeigt den Verlauf der Erdstöße innerhalb der letzten 12 Monate. Seit Dezember 2011 hat sich Eldiscreto zur Ruhe gelegt. Daß es nur eine scheinbare Ruhe war beweist er im Moment. Die vergangene Nacht haben die Beben etwas abgenommen, aber es waren immer noch um 0.25 Uhr ein ML3,1 und um 0.39 Uhr ein ML3,0 Beben dabei. Das ist der normale Zyklus den wir aus der Vergangenheit kennen. Insgesamt waren es wieder gestern rd. 180 Erdstöße. Der markierte Kartenausschnitt zeigt das Gefahrengebiet mit der Warnstufe "Gelb". Dieser Fuß, die Westspitze der Insel umfasst El Julan und links an der Zehenspitze die La Dehesa.


Und hier die IGN Bebenkarte vom gleichen Gebiet. Das Bebenzentrum liegt im Küstenbereich dieser menschenleeren Region in einer Tiefe von 17 bis 21 km. Auch in der vergangenen Nacht hat sich das Ausgangszentrum nicht nach oben bewegt. Aus der Erfahrung wissen wir, daß erst ab 8 bis 10 km Tiefe ein Lavaaustritt möglich ist. Ich will mir heute dieses Gebiet einmal näher anschauen und auch die Intensität und Spürbarkeit der Beben testen. Inzwischen gibt es auch wieder eine aktuelle IGN Messtabelle über die Bodenverformumg. Um rund 3 cm hat sich die Insel gehoben und nach Nordosten verschoben.Unten links die über die Insel verteilten GPS-Stationen und rechts die gemessene Verformung.





Donnerstag, 28. Juni 2012

El Hierro Vulkan - erstes Beben mit ML4,0

NEWS:
14.25 Uhr - Der Tremor hat sich etwas abgeschwächt. Wahrscheinlich habe sich neue Barrieren aufgetan. Um 10.24 Uhr ein Beben von ML2,7 dieses Mal in 22 km Tiefe vor der Dehesa.

- Eine für heute Morgen eingeplante Notfallübung auf dem Flugplatz (simulierter Flugzeugabsturz) wurde wegen der Vulkanaktivitäten kurzfristig abgesagt.

- Die Involcan will sich wegen fehlender Geldmittel ganz aus El Hierro zurück ziehen. Seit langem gibt es bereits Streit im Hindergrund mit IGN und Pevolca über die Mittelverteilung und die Kompetensen.
-Soeben von IGN bestätigt neues ML3,1 Beben um 13.48 Uhr in 17 km Tiefe im Südwesten.

21.59 Uhr - Die Beben und der Tremor schwächen sich etwas ab. Um 15.33 Uhr ein Beben von ML3,4 und um 18.55 ein Erdstoß mit ML3,5 in 21 km Tiefe.

Seit 6.00 Uhr heute Morgen setzt verstärkt der Magmavortrieb (Tremor siehe rote Linie) wieder ein. Gestern um 18.55 Uhr hatten wir das bisher stärkste Beben mit ML4,0 in 20 km Tiefe an der Küste der Westspitze. Insgesamt sind die Erdstöße von der Intensität stärker als im letzten Jahr und liegen noch alle in 17 bis 20 km Tiefe im Bereich der südlichen Magmakammer-Grenze. Auf der AVCAN Grafik links ist das Zentrum erkenntlich. Am Mittwoch gab es 198 Beben. Nachdem ich nun direkt mitfühlen kann verwundert mich doch etwas, daß im Norden die Erdstöße kaum spürbar sind. Allerdings weiß ich von Freunden die im südlichen Golfotal leben, daß sie fast jedes Beben über ML2,5 wahrnehmen. Die empfundenen Erdstöße seien jetzt anders und kämen plötzlicher und intensiver, während im letzten Jahr sie wie ein "Grollen" langsamer nahten. Durch den aufgebauten Druck im Untergrund verformt sich nun auch die Oberfläche der Insel. Innerhalb von 2 Tagen hat sie sich um 3 cm aufgebläht und auch horizontal verschoben. Das hatten wir alles schon einmal, nur erfolgte im letzten Jahr diese Veränderung in einem Zeitraum über mehrere Wochen.
Es läuft nun alles intensiver und vor allem schneller ab.
Der Westzipfel der Insel, die "La Dehesa" ist eine menschenleere Gegend (Foto oben). Eine verträumte Landschaft mit meist niedrigen Bewuchs und dem eigentlich nur auf El Hierro vorkommenden Sabinar-Baum. An der Küste links oben ist der Leuchturm mit dem 0-Meridian zu erkennen. Diese Gegend galt viele Jahrhunderte als das "Ende der Welt". Ein von mir oft durchstreifter Inselteil, mit vielen Höhlen und dem Heiligtum der Herrenos, der Ermita "Virgen de los Reyes". Dazu aber einmal später mehr.
Hier im Untergrund ist zur Zeit der Ausgangspunkt der Beben. Noch spielt sich alles in großen Tiefen von 17 - 20 km ab. Das Magma wird sich nun einen Weg nach oben suchen. Wie ich aber glaube nicht hier in diesem Gebiet. Es wird sich den einfachsten und bereits vorhandenen Magmakanal nehmen und könnte wieder im Eldiscreto-Bereich ans Tageslicht kommen. Erst wenn Bebentiefen von 8 bis 10 km erreicht sind läßt sich aber dazu Näheres sagen.

Seit gestern hat nun auch die Pevolca den Ernst der Lage erkannt und die Warnstufe für den Westzipfel und das El Julan Gebiet auf "Gelb" gesetzt. Manches braucht hier einfach ein bischen länger. Bleibt nur zu hoffen, daß es nicht wieder zu überraschenden Nacht- und Nebelaktionen wie die Notevakuierung im letzten Jahr kommt.