Posts mit dem Label Raketenstartgelände werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Raketenstartgelände werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 4. Dezember 2011

EL Hierro - Vulkan und Science-Fiction

NEWS:
Was unser Vulkan Eldiscredo im Süden und hochtrabende Zukunftsprojekte miteinander zu tun haben, will ich gleich erklären.
Zunächst aber das Aktuellste:
Zu der Lage-Einschätzung von gestern haben sich innerhalb der vergangenen 24 Stunden keine großen Änderungen ergeben. Der Tremor (siehe Grafik) ist weiter aktiv. Zwei Beben im Golfo um 17.41 und 18.34 Uhr mit 2,3 bzw. 2,4 RSk. in 19 km Tiefe waren zu verzeichnen. Beim Südvulkan tritt weiter magmatisches Material aus und verfärbt die Meeresoberfläche. Sonst ist Sonntagsruhe angesagt.


Weltraumbahnhof El Hierro


Das Ganze klingt futuristisch, ein bisschen nach Science-Fiction, die große
Moderne, der Bahnhof zu anderen Welten .. und das auf unserer kleinen Insel El Hierro?
Wenn es nach den Planern geht würde es auf El Hierro in Zukunft so aussehen.
Nein, das ist kein Aprilscherz … sondern reale Wirklichkeit, zumindest in den
Köpfen der Initiatoren .. es sind keine Intellektuelle oder Phantasten, sondern keine Geringeren als die spanische Zentralregierung in Madrid.
1996 wurden Pläne bekannt, daß die damals konservative Regierung in Madrid eine Abschussrampe für Kleinraketen plane. Es sollten die im eigenen Land entwickelten Argo (die Schnelle) und Capricornio (Einhorn) Raketen mit Satelliten von El Hierro aus abgeschossen werden.

Bild: Boeing
Die staatliche Raumfahrt- agentur INTA (Instituto National de Tecnica Aeroespacial) wurde mit der Abwicklung beauftragt.
Das verschlafene und immer vergessene El Hierro rückte plötzlich in den Mittelpunkt und erweckte das Interesse der Mächtigen aus Madrid. Was war geschehen, - warum ausgerechnet El Hierro. Der Abschusspunkt El Hierro ist optimal für erdnahe polare Satelliten als auch für geostationäre Umlaufbahnen in 36 000 km Höhe.
Um einen geostationären Orbit zur erreichen, sind also bei einem Start von El Hierro aus am wenigsten energie- aufwendige Flugmanöver notwendig.
Der Abschuss in der Nähe des Äquators hat auch noch den Vorteil (wenn die Rakete in Ost-Richtung abgeschossen wird), dass die relativ hohe Rotationsgeschwindigkeit der Erde und die daraus sich ergebende kinetische Energie ausgenutzt wird.
Das spart Treibstoff und setzt eine weniger aufwendige Technik voraus. Es werden also Kosten eingespart und jeder Satellitenstart wird günstiger.
Dazu kommt, dass die Insel politisch stabil und obwohl geografisch in Afrika, doch fester Bestandteil eines europäischen Landes ist. Im Hinterkopf so denke ich gab es noch weitere Gedanken. Was spricht dagegen später nach erfolgreicher Installation der Abschussrampen, auch Satelliten von anderen Ländern gegen Geld ins All zu befördern. Dieser Markt boomt und hat Zukunft.

Einige Politiker jubilierten bereits und malten sich die schönste Zukunft El
Hierro`s, als Europas führender Weltraumbahnhof – viel näher am Kontinent als der Ariane Startplatz in Guyana und wettersicherer als die ESA-Startrampen in Skandinavien, aus.
Im Vorfeld wurde bereits die amerikanische Firma Bechtel National Inc. aus
San Francisco mit einer Projektstudie und Standortanalyse beauftragt.

Bechtel ist ein über 100 Jahre altes amerikanisches Unternehmen mit 49 tausend Beschäftigten. Bei vielen Großprojekten weltweit, ob Staudamm oder Kernkraftwerk, Bechtel ist engagiert. Zur Zeit wir mit Babcok & Wilcox ein neues kleines modulares Kernkraftwerk entwickelt.

Eine blühende Zukunft
Die Ingenieure von Bechtel waren von dem Projekt auf El Hierro begeistert und lobten den Standort über alles. El Hierro sollte gewaltsam aus seinem
Dornröschenschlaf gerissen werden. Ein wahrer Goldregen sollte über die Insel niederprasseln – ein neuer Hafen, neue und noch breitere Straßen und ein internationaler Airport für die hoch technologische Fracht aus aller Welt, müssten gebaut werden. Mehrere Hundert Millionen Euro-Investitionen würde das Raketengelände auf die Insel spülen.

Der Raumfahrt Tourismus wird beginnen – neue Betten und Unterkünfte
werden gebraucht. Jeder kann mit profitieren – auch der Ziegenhirte.
Hunderte neue Arbeitsplätze würden entstehen, alles modernisiert werden – wie Phönix aus der Asche oder von der Aschenputtel zur Prinzessin … alles wie in einem schönen Traum.
... ein kleiner Auszug - weiteres zum Thema mit interessantem Hintergrundwissen in meinem Buch "Geheimnisvolles El Hierro".

Daß es dann nicht dazu kam ist den Herrenos selbst zu verdanken. Mit allen Mitteln wurde dieses Projekt 1997 gekippt.
Es galt der Satz: "Wir sind vielleicht nur 8000 Menschen auf der Insel - aber wir sind 8000 aus El Hierro"

Das Fatale aus heutiger Sicht daran ist:
Das Raketenstartgelände mit großen Treibstofflagern sollte nur unweit der jetzigen Eruptionsstelle im Süden, zwischen La Restinga und Tacaron erbaut werden.
Nicht nur die zusätzlich davon ausgehende Gefahr sondern auch der evtl. Verlust dieses technologischen Futureprojektes mit Arbeitsplätzen und der ganzen aufgebauten Infrastruktur wäre weit schlimmer zu verkraften, als der heutige Ist-Zustand. Sind wir mit den Herrenos froh, daß es nur eine kurze FataMorgana war.

Freitag, 30. September 2011

El Hierro steht noch

Wenn ich so manche deutsche Presseartikel überfliege, bekommt man wahrlich den Eindruck, die Kanaren stehen kurz vor ihrem Untergang.

"Vulkan-Angst im Urlaubsparadies" (Bild) oder "Ganz El Hierro auf der Flucht"

Das sind Presse Schlagzeilen die aber ihre Wirkung entfallten. Aus verschiedenen Anfragen höre ich die Unsicherheit und Angst, Urlaub auf den Kanaren zu verbringen.

Deshalb zur Klarstellung: Es geht nur um die südwestlichste Insel El Hierro. Ob dort ein Vulkan ausbrechen wird, kann heute noch niemand sagen. Entweder die Aktivitäten kommen zum Stillstand oder es kommt zur Eruption.
Alle anderen kanarischen Inseln sind davon nicht betroffen. Auch eine evtl. Aschewolke wird keine großen Auswirkungen auf die Nachbarinseln haben. Auf den Kanaren gibt es keine explosiven Vulkane, darüber sind sich alle Wissenschaftler einig. Auch die beiden letzten Ausbrüche 1949 und 1971 auf La Palma haben dies bestätigt. Sie können also unbeschwert ihren Urlaub auf Teneriffa, La Gomera, La Palma oder den anderen Inseln verbringen. Nur ein Besuch auf der Insel El Hierro würde ich zum heutigen Zeitpunkt verschieben.

Nun zu den Fakten:
Die Erdstöße halten unvermindert an. Gestern waren es 95 Beben, davon einige über 3,0 auf der Richterskala.
Die evakuierten Menschen in den Steinschlaggebieten durften wieder in ihre Häuser zurück. Das ist ein schon oft dagewesener Vorgang, der auch bei Starkregen in der Vergangenheit zum Tragen kam und nicht extra wegen der Beben erfunden wurde. Wohnen Sie einmal direkt unter einer über 1000 m hohen Felswand, von der sich durch Witterungseinflüsse oder jetzt der Beben, Steinbrocken oder Felsen lössen können.

Die spanische Verteidigungsministerin Carme Chacon kam gestern extra aus Madrid angereist, um ihre Unterstützung und Hilfe bei einem Ernstfall zu bekräftigen. Mit Hilfe des Militärs sei man kurzfristig in der Lage bis zu 4000 Personen auf eine andere Insel zu evakuieren. Auch sei man darauf vorbereitet 2000 Personen in Notunterkünfte unter zubringen. Alle Vorbereitungen seien bereits getroffen.
Es ist schon bemerkenswert, daß sich Madrid so intensiv um El Hierro kümmert und eigens die Verteidigungsministerin auf das kleine El Hierro schickt. Hier sieht der aufmerksame Betrachter, welch hohen Stellenwert der Vulkanaktivität in Madrid beigemessen wird. Kurzum wir sind in guten Händen und es wird alles Menschenmögliche getan.

0-Meridian - Faro de Orchilla
Das Zentrum der Beben liegt wie in den vergangenen Tagen im Südwesten, zwischen La Restinga und dem Leuchtturm "Faro de Orchilla", dem ehemaligen 0 Meridian oder wie von Papst Luis VIII noch im Jahre 1643 festgelegt, der "Meridian Primero". Also das Ende der Welt oder am "Culo del Mundo" (diese Übersetzung spare ich mir)





Interessant ist, daß genau dieses Gebiet 1995 als Baugelände für den ersten europäischen Weltraumbahnhof vorgesehen war. Von hier aus sollten Satelliten der ESA ins All geschossen werden. Nur durch den unbändigen Protest der Einwohner wurde dann das Projekt zu den Akten gelegt. Auch ausführlich nachzulesen in meinem El Hierro Buch. Nicht auszudenken was bei Realisierung der Pläne nun heute damit geschehen wäre.


Der große Kreis beschreibt den Gefahrenbereich, der beim Start einer Rakete geräumt werden sollte. Rechts unten das Ort La Restinga und am linken Kreisrand ungefähr der Leuchtturm. Genau dieses Gebiet ist zur Zeit das Zentrum der Erdstöße.