Sonntag, 8. Juni 2014

Erdbeben im Chebbecken sorgt für Aufregung

Beben im tschechischen Grenzgebiet in Westböhmen

Aufgrund der vielen Anfragen und Hinweise (danke an Alle) möchte ich mich etwas intensiver mit den Erdstößen im Dreiländereck an der tschechischen Grenze beschäftigen. Ein Beben der Stärke ML4,4 vor wenigen Tagen im Cheb- oder Egerbecken war im weiten Umkreis zu spüren. Die Grafik (links) der GuA Prag ist ähnlich aufgebaut, wie wir sie von El Hierro kennen.
"Bebt bald überall in Deutschland die Erde" (Bild Zeitung) - "Magmablasen lassen Sachsen weiter Beben" oder "Die enormen Erdstöße sind erst der Anfang" waren die Titelzeilen in der Presse. Tatsächlich haben viele Menschen bis ins 130 km entfernte Nürnberg diesen Erdstoß wahrgenommen.

Stellvertretend eine mir zugesandte Schilderung aus Sachsen:
"Für uns in unserer Wohnung war es ein ganz besonderes markantes Erlebnis. Ich telefonierte gerade, als um 12.37 Uhr mein Schreibtisch zu wackeln anfing. Meine Frau saß in der Stube und erlebte Gleiches mit der Schrankwand. Einiger Inhalt fiel um, ging aber nicht zu Bruch. Ansonsten klirrten die Gläser sehr stark. Im Nachbarzimmer hatte eine Schrankwand eine andere Statik. Diese fing richtig an zu schwanken, schlug gegen die Wand, fiel aber auch nicht um! Der Spuk dauerte etwa 3
bis 4 sec.
Erneut bebte bei uns die Erde am 04.06.2014 nach Mitternacht, so gegen 0.30 Uhr. Wir lagen im Bett und spürten deutlich die Erschütterungen" (Danke an J. Maling).

Was war passiert ? Eine ganze Reihe von Beben - ein so genannter Bebenschwarm - mit Epizentrum im Chebbecken wurde durch magmatische Veränderungen in Gang gesetzt. Vom 20. Mai 2014 bis heute wurden vom Prager Geozentrum 1405 Beben registriert (siehe Grafik).  Es waren keine Tektonischen oder von Menschenhand ausgelöste Beben sondern Magmatische Erdbeben. Die vulkanische Vergangenheit meldet sich also zurück.


Das betroffene Gebiet im Dreiländereck Sachsen-Bayern-Böhmen (Karte: Thoroe) links mit einer Reihe von heißen Mineralquellen, wie Karlovy Vary (Karlsbad), Mariánské Lázne (Marienbad) oder Franti¨kovy Láznì (Franzensbad), aber auch die sächsischen Kurorte Bad Elster und Bad Brambach sowie Sibyllenbad sind von vulkanischem Ursprung.


Der letzte Ausbruch dürfte allerdings bereits vor etwa 300.000 Jahren stattgefunden haben.
Erstmals Anzeichen für magmatische Aktivitäten - die ersten in Mitteleuropa - werden seit ungefähr 15 Jahren hier beobachtet.


Wissenschaftler des Umwelt- Forschungszentrums Leipzig-Halle (UFZ) und des Geo Forschungs Zentrums Potsdam (GFZ) beobachten und untersuchen die aus den Mofetten und Mineralquellen aufsteigenden Gase. Dabei stellten sie Erstaunliches fest. Das Verhältnis zweier Heliumisotope in diesen Gasen verändert sich ständig. Dabei wurden die höchsten Werte in Europa nördlich der Alpen gemessen.
"Wir haben in der Mofette Bublák in der Nähe der Grenze zu Sachsen ein Verhältnis der Heliumisotope bis zum 6,2fachen des Wertes von Luft-Helium gemessen. Diese Werte sind sonst nur aus aktiven Vulkangebieten bekannt", so Karin Bräuer von UFZ.
Das häufigere Helium-4 wird in der Erdkruste durch radioaktiven Zerfall gebildet. Helium-3 kommt dagegen aus dem darunter liegenden Erdmantel. Das Verhältnis zwischen den beiden Heliumisotopen sagt also etwas darüber aus, aus welchen Tiefen das Gas stammt. Bei Erdbeben oder vulkanischer Aktivität kommen mehr Gase aus tieferen Schichten an die Erdoberfläche als sonst.

Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 400 Metern pro Tag bewegt sich das Gas zumindest die letzten 7 bis 8 Kilometer nach oben. Das heißt, hier muss es Spalten geben (Grafik oben GFZ), die bis in große Tiefen führen. Das Gas, das zu mehr als 99 Prozent aus Kohlendioxid besteht, ist damit ein klarer Indikator, dass sich im Moment im Untergrund etwas tut.
Die Magmakammer liegt stabil bei 30 km Tiefe. Durch Risse und Spalten strömt das heiße Gas an die Erdoberfläche. Dabei sammelt es sich in Blasen, baut Druck auf, das Gestein reißt und verursacht ein Beben. Erdstöße sind also auch in Zukunft möglich.

Damit lassen sich die jüngsten Beben erklären. Die eigentliche Ursache, warum gerade jetzt nach 300.000 Jahren die Aktivität zunimmt, ist damit aber nicht geklärt.
Allerdings schließen die beteiligten Wissenschaftler für die nächste Zeit (= mehrere Generationen), eine Vulkaneruption aus.

Wer sich zu diesem Themenkomplex tiefer informieren möchte, geht zu den Live Seismogramme des Geofyzikální ústav Akademie věd ČR, v.v.i. oder die Erdbebenaktivität auf deutsch im

6 Kommentare:

  1. Chebbecken? Wirklich? Es ist immer noch Westböhmen... Schreiben Sie lieber über die Kanaren, da kennen Sie sich hoffentlich besser aus...

    AntwortenLöschen
  2. Lieber Anonymus
    Ah ja - das musste ja kommen. Ich habe übrigens zum besseren Verständnis beide Gebietsbezeichnungen benutzt. Gemeint ist aber das Gleiche.
    So kann sich jeder das nehmen was er braucht.

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Herr Betzwieser,
    ich verfolge Ihren Blog seit den Starttagen und habe nun eine Frage: Sie hatten sich vor ein paar Wochen schon einmal zu einem Beben in Südhessen geäußert. Nun hatten wir gestern nachmittag schon das 4. Beben im Großraum Darmstadt innerhalb von nur 9 Wochen. Die Stärken werden als relativ gering, knapp über 3, angegeben (bis auf eines über 4). Man sollte diese Beben eigentlich kaum wahrnehmen. Fakt ist aber, dass es zuerst einen sehr lauten dumpfen Kanlll gibt, dann fängt alles an zu wackeln, die Fußböden oder gestern die Terrasse "buckeln". In den Medien wird das alles verniedlicht und klein geredet, "alles völlig normal für dieses Gebiet". Das stimmt so aber nicht: Ich lebe seit 50 Jahren hier, und habe nie so etwas erlebt, meine Eltern sind beide weit über 70 Jahre alt und auch sie sagen, das gab's noch nie. Es gibt keine Aufklärungt oder Hintergrundinfo durch die Medien, wodurch das Ganze ausgelöst sein könnte. Die zeitlichen Abstände der Beben verkürzen sich: Vom 1. zum 2. waren es rund 6 Wochen, dann 2 Wochen, dann 1 Woche. Die Beben fanden alle an einem Samstag oder Sonntag statt. Viele glauben, dass das etwas mit den Tiefbohrungen im hessischen Ried zu tun haben könnte, aber, tiefes Schweigen in den Medien. Die Epizentren sind übrigens auf wenige Quadratkilometer beschränkt (nicht im Ried sondern östlich davon). Man fragt sich jetzt natürlich, ob das der Auftakt zu mehr ist und wenn ja, was ist da los? Sind Ihnen gesicherte Informationen bekannt, ob solche Tiefbohrungen solche Beben auslösen können?
    Viele Grüße aus Deutschland
    Bärbel van Dijk

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Frau van Dijk,

      auch Tiefbohrungen können Beben auslösen. Dafür gibt es genügend Beispiele. Ich werde mich in den nächsten Tagen in einem Beitrag, speziell mit Hessen beschäftigen. Bitte noch etwas Geduld.

      Mit freundlichen Grüßen
      Manfred Betzwieser

      Löschen
  4. Also ich finde das Thema sehr spannend und freue mich darüber von Ihnen zu lesen seien es die Kanaren oder eben in Deutschland oder das Dreiländereck
    Ich kann nicht verstehen das man Kritik äußert und dann nicht den Mut hat seinen Namen drunter zu setzen und dazu zu stehen.
    LG
    Andrea

    AntwortenLöschen
  5. Grrrrrrrrrrr, je dümmer, desto mehr von oben herab und obergscheit tun. Das Cheb-Becken ist exakt die richtige Ortsangabe, wenn man über den Magmatismus in Tschechien spricht. Ein Blick in Google-Maps würde genügen um festzustellen, wo es liegt. Bei mir hat es gleich geklingelt, als ich vom Cheb-Becken las, als Ortsangabe auch klar definierter (genau dort ist nämlich der Magmatismus) als "Westböhmen", dass ein grösseres Gebiet umfasst. Also ein absolutes NO Go. UNBERECHTIGTE Kritik in einem Ton, der nicht mal bei gerechtfertigter Kritik angebracht wär, ....

    AntwortenLöschen

Bitte Kommentare immer mit Ihrem Namen versehen. Danke!