Sonntag, 13. November 2011

El Hierro Vulkan - trügerische Ruhe

Die Ruhe in den letzten 24 Stunden vermittelt ein trügerisches Bild. Kaum stärkere und fühlbare Erdbeben. Den letzten kräftigeren Erdstoß gab es am Samstag um 15.49 mit 3,1 RSk. in 19 km Tiefe im Golfo.
Die Menschen sind aber trotzdem nicht entspannt oder erleichtert, denn sie wissen inzwischen, daß es unter ihren Füßen weiter brodelt und ein erneutes Lostreten der Vulkangewalten mehr als wahrscheinlich ist. Es ist alles nur eine Frage der Zeit, bis ihr Vulkan sich wieder zurückmeldet. Erwartet werden dann noch stärkere Beben als in der vergangenen Woche. Das ist die einstimmige Meinung der Behörden und der Wissenschaft.
In Erwartung dieser Ereignisse ist an einen ruhigen Schlaf oder die normal gewohnte Sonntagsruhe nicht zu denken.

Der Tremor zeigt weiter starke Ausschläge. Magma bahnt sich weiter seinen Weg durch den Untergrund und dürfte bald eine Austrittstelle gefunden haben.
Die Grafik der INVOLCAN zeigt mit der roten Linie die vorhandene Konzentration von Kohlendioxid (CO²) an. Die Emission verharrt auf dem höchsten je gemessenen Stand von 1481 Tonnen pro Tag. Ein untrügliches und oft gemessenes Anzeichen für einem Ausbruch.
Die grauen Balken stehen für die gemessene Anzahl der Beben seit Anbeginn der Aktivitäten im Juli dieses Jahres. Der schwarze Pfeil die erste Eruption im Süden. Das scheinbare Abnehmen der Bebenanzahl anschließend hängt mit dem nun einsetztenden Tremor zusammen. Im Hindergrund des Tremorzittern können viele kleinere Beben nicht mehr erfasst werden. In Wirklichkeit liegt die Bebenanzahl weit darüber.
  
In dieser Positionskarte hat Carlos Bernal (Dankeschön) den gestrigen Weg des Forschungsschiff Roman Margalef markiert. Es kreuzt vor allem im Nordbereich der Insel. Im Süden ist zur Zeit die Prof. Ignazio Lazano der PLOCAN (Oceanica de Canarias) aus Gran Canaria im Einsatz.

Einstimmig haben gestern die politischen Parteien von El Hierro beschlossen, auf Wahlwerbe-Rummel für die anstehende spanienweite Regierungswahl Ende November zu verzichten. Das ist auch das überflüssigste das die leidgeprüften Herrenos im Moment brauchen würden.

Samstag, 12. November 2011

El Hierro Vulkan - Zwischenbilanz

Was wissen wir von unserem Südvulkan bei La Restinga: Es sind mehrere Vulkanschlote, mit mindestens zwei Öffnungen, wahrscheinlich aber noch mehrere. Der Ältere (Bild) davon liegt mit seiner Basis auf ca. 300 m Tiefe, hat einen Basisdurchmesser von annähernd 700 m und eine Höhe von ca.100 m. Der Gipfel liegt also 200 m unter der Meeresoberfläche. Ausgestoßen wurden nach Schätzungen der Wissenschaftler bisher über eine Million qm³ Material. Durch die jüngsten Eruptionen soll er seine Gipfelhöhe aber nicht wesentlich ausgebaut haben.
Der zweite Schlot liegt ca 800- 1000 m vor Restinga. Er dürfte wegen der größeren Ausstoßhöhe seiner Lava bis 35 m über die Meeresoberfläche nur ca. 100 m tief liegen. Über den jüngsten Schlot wurden bisher keine genauen Daten veröffentlicht.
Ein neues Video des Ozeanischen Institut von der Erforschung mit dem ROV-Roboter wurde freigegeben. Wegen der schlechten Sicht von nur 0,80 m sind nur wenige Details zu erkennen.




Der Tremor hat sich über Nacht verstärkt und zeigt starke Schwankungen. Die größeren Ausbuchtungen dürften von Explosionen stammen, die während des Lavaflusses immer wieder auftreten. Die Bebenaktivität im Golfo hält nach wie vor an, allerdings im moderaten Rahmen. Die Erdstöße liegen in einer Tiefe von 16- 23 km. Es gab in den vergangenen Stunden keine Erdstöße von mehr als 3,0 RSk.

Eine Darstellung von Carlos Bernal (ein Danke) zeigt die Beben der vergangenen 14 Tagen auf der Google Karte. Im Süden an den jetzigen Eruptionsstellen kaum Beben, dafür eine massive Konzentration (rot) im Golfo. Darunter liegt nach Schätzungen und Messungen der Wissenschaft auch die Hauptmagmakammer. Rechts die Insel La Gomera und oben mit der Spitze mein La Palma.

Getroffen haben sich vor einigen Tagen die an der Untersuchung und Erforschung beteiligten Institutionen mit der Verwaltung - sprich dem Krisenstab. Viel Kritik über mangelnde Zusammenarbeit, schlechter Informationsaustauch und die anfängliche Beratung des Stabes durch nur eine Fachrichtung war der Anlass. Man hat sich wie zu hören war geeinigt und alle wissenschaftlichen Meinungen nun zusammengefasst. Dies zeigt sich auch an der jetzt doch offenen Informationspolitik. Verabschiedet hat man sich nun von der Verharmlosungs- und Besänftigungspolitik. Klar zeigt man jetzt drohende Gefahren und die evtl. Konsequenzen auf. Dafür gibt es ein Lob an den Krisenstab.

Freitag, 11. November 2011

El Hierro Vulkan - noch stärkere Beben erwartet

Nun schließt auch der Krisenstab (Povelca) einen Vulkanausbruch im Golfo nicht mehr aus. Nach seiner letzten Verlautbarung von 14.34 Uhr werden Erdbeben im Golfo von mehr als 4,6 auf der Richterskala erwartet.
Ein möglicher Ausbruch wird wahrscheinlich vor dem Golfotal im Meer erfolgen, da an Land die Bodenverwerfung (Aufwölbung) und die aktuell gemessenen Gaswerte zu gering seien. Vorstellbar sei eine Eruption wie im Süden bei Restinga.
Jetzt haben wir auch eine offizielle und funktionierende Webcam der Inselregierung im Süden. Gleich mit zwei Perspektiven. Geht also doch. Nun würde nur noch eine im Golfo fehlen ! Wir möchten aber nicht als maßlos erscheinen - das Cabildo denkt sicher bereits darüber nach.
Wenn Restinga tot ist - dann liegt Frontera (Golfo) im Sterben. So die Aussage des Bürgermeister von La Frontera, David Cabrera de Leon, heute morgen.  Es ging weniger um die Naturgewalten, sondern ums liebe Geld. Alle Hilfsgelder gingen in den Süden nach Restinga, das Golfotal werde dabei übersehen. Seine Gemeinde leide genauso unter der Tunnelschließung und den Gäste-Stornierungen wie der Süden und müsse auch unterstützt werden.
Ich denke, im Augenblick gibt es wichtigere Themen als die Verteilung der Finanzmittel. Das hat auch später noch Zeit.
Jetzt sollte primär genau überlegt werden, was passieren könnte und wie der Schutz der Anwohner sichergestellt wird. Auf ein bloßes "Blubbern" wie im Süden würde ich mich hier nicht mehr verlassen. Mögliche Szenarios und die kritischen Punkte im Golfo habe ich ja bereits mehrfach angesprochen. Ich hoffe sehr, daß der Krisenstab ähnliche Gedankenspiele in seine Planungen mit einbezogen hat.

War es Zufall oder nicht ?  Vollmond und ein Beben der Stärke 4,6 RSk. Gestern noch hatte ich es in die Runde geworfen. Darüber sollte einfach mal nachgedacht werden !




El Hierro Vulkan - Beben von 4,6 RSk. im Golfo

Ein Beben der Stärke 4,6 auf der Richterskala hat  in der Nacht den Golfo erschüttert. Das war das bisher stärkste Beben aus 21 km Tiefe. Nicht unerwartet, ich hatte bereits gestern darüber geschrieben und vom IGN auch so für möglich gehalten. Das Zentrum lag vor der Küste der Golfoebene. Inzwischen gehen auch Wissenschaftler davon aus, daß sich hier ein neuer Eruptionsschlund öffnen könnte. Es gab noch ein Beben um 18.31 Uhr mit 3,5 RSk. - um 0.32 Uhr mit 2,8 RSt. und um 5.30 Uhr mit 3,1 RSk. Alle zwischen 18 und 24 km Tiefe.
Die Bergstraße, der alte Golfozugang bei El Castano, musste zeitweise wegen Erdrutsch einseitig gesperrt werden. Aber dieses von mir schon lange erkannte Problem ist den regelmässigen Lesern bekannt. Weitere Schäden sind bislang nicht gemeldet worden.
Jetzt geht man davon aus, daß sich unter dem Golfo zwei Magmakammer in 19- 23 km und eine weitere in 10- 15 km befinden. Die Verbindung dieser Magmakammern mit einander mit mehreren Milliarden qm³ Magma findet wahrscheinlich im Moment statt.
Der Tremor zeigt heute Morgen einen recht ungewöhnlichen Verlauf. Zeitliche Unterbrechungen und starke Ausschläge dürften auf neue Aktivitäten hinweisen. Im Süden bei Restinga blieb es ruhig. Auch ist dort die Gaskonzentration etwas zurück gegangen.

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Donnerstag, 10. November 2011

El Hierro Vulkan - Die Menschen

Die Lage auf El Hierro ist unverändert. Kleine Beben im Golfo und leicht ansteigender Tremor mit Zitterphasen.
Heute ist Vollmond - auf Lebewesen hat der Vollmond Einfluss. Ob es auch Auswirkungen auf einen Vulkan haben kann, werden wir heute Abend sehen. Wer sich dafür interessiert hier der Link zu den Mondphasen

Die Kanarische Regierung hat ein finanzielles Sofortprogramm für die von der Evakuierung betroffenen Menschen von Restinga beschlossen. Damit hat der Kanarenpräsident Paulino Rivero ein Versprechen eingelöst, das er vor einigen Tagen auf El Hierro den Betroffenen gegeben hatte. Inwieweit das auch schnell in die Praxis umgesetzt wird, ist eine ganz andere Sache. Auf La Palma warten heute noch Geschädigte auf die vor über zwei Jahren während der Waldbrand Katastrophe zugesagten Hilfen.

Noch eine Bitte an Bewohner von El Hierro - Anfang nächster Woche wird "Unser Mann vor Ort" auf El Hierro eintreffen, um über die Situation und die Menschen vor Ort direkt zu berichten und auch zu schauen ob und wie El Hierro geholfen werden kann.
Wer auf El Hierro wäre bereit ihm in den ersten Tagen etwas unter die Arme zu greifen und mit Dolmetschen, Unterkunftssuche und bei evtl. Anlaufproblemen zu helfen. Angebote bitte mit Tel.Nr. an mich Lapalma1@web.de - Vielen Dank.


Da wahrscheinlich die wenigsten unserer Leser El Hierro und seine Einwohner kennen, möchte ich heute den Ruhetag nutzen, etwas über die Menschen und ihre Geschichte aus meinem El Hierro-Buch zu zitieren. Es dient vielleicht mit seinem Einblick in die Vergangenheit und Gegenwart zum besseren Verständnis:


Die Einwohner El Hierros, die Herrenos, sind weltoffene Menschen. Viele Nationalitäten leben hier gemeinsam und friedlich auf dieser kleinen Insel.

Viele Schicksale haben vor allem Menschen aus Südamerika nach El Hierro geführt. Alle fühlen sich als Herrenos und sind stolz auf ihre Insel.
Neben der Altbevölkerung, die größtenteils aus Festland Spanien stammt, finden wir Zuwanderer aus Venezuela, Kuba, Ecuador, Argentinien und Kolumbien. Auch die Neu- Zuwanderer aus Nordeuropa, vor allem aus Alemania und der Schweiz fallen auf.

Wie auf allen kanarischen Inseln ist der Anteil der Südamerikaner sehr groß. Fast jede Familie hat einen Bezug nach Südamerika. Das hängt damit zusammen, dass in früheren Jahren und Jahrhunderten Auswanderungswellen vor allem nach Venezuela erfolgten. Ob das hier auf El Hierro regenarme Jahre mit Ernteausfällen oder sonstige Katastrophen waren, die viele Herrenos zur Auswanderung trieben.

In früheren Jahren führte die meist genutzte Verbindung per Schiff Richtung Südamerika über die Kanaren. Die Emigranten nahmen diesen Weg um im gelobten Land ihr Einkommen und vielleicht auch Glück zu finden. Mit oft abenteuerlichen kleinen Segelbooten wurde die Überfahrt Richtung Venezuela und Kuba gestartet. Viele erreichten ihr Ziel nie. Meist waren es nur die Männer die sich auf den Weg Richtung Amerika machten. Frau und Kinder wurden alleine zurückgelassen. Von vielen Männern verlor sich dann ihre Spur, ob gewollt oder ungewollt - das ist die Frage.

Die letzte große Auswanderungswelle erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg um 1950. Viele Emigranten kehrten nach Jahren, teilweise nach Jahrzehnten oder auch erst die nächste Generation als gemachte Leute in ihre Heimat zurück. Sie hatten es in Venezuela und den Nachbarländern zu Reichtum gebracht. Nicht alle, aber doch einige. Sie lebten dort als Farmer oder Tierzüchter.
Heirateten dort eine einheimische Frau und gründeten eine Familie. Durch politische Veränderungen und durch die Zunahme der Kriminalität sahen sich viele gezwungen, zurück in ihre alte Heimat zu gehen. Man kann davon ausgehen, dass fast jede Familie eine verwandtschaftliche Beziehung nach Südamerika hat.

Durch die Rückkehr der Immigranten wurden Sitten, Bräuche und Musik von Südamerika nach El Hierro mitgebracht. Auch hat sich im Verlauf der Zeit ein eigenes Dialekt, mit südamerikanischem Slang, heraus gebildet.
Besucher, Ausländer also Gäste werden von den Einheimischen mit Respekt und Höflichkeit empfangen. Man ist hilfsbereit und versucht dem Gast den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Die Herrenos halten aber Abstand und beobachten den Fremden ganz genau.

Die Insulaner nehmen nicht alles ganz so genau, wie mancher Deutsche das aus seiner Heimat gewohnt ist. Auch sind die Herrenos vielleicht nicht so weit bereist oder haben nicht den Wissensstand eines Nordeuropäers.

Sie sind jedoch nicht dumm. Viele Dinge beherrschen sie, von denen Sie keine Ahnung haben. Sie schaffen großartige Sachen mit geringsten Mitteln.

In den letzten 15 Jahren hat der Fortschritt, ob positiv oder negativ, viele Herrenos in die Neuzeit katapultiert. Es gibt nun die überall Strom und Fernsehen, fast jede Familie hat Telefon und ein Handy, es gibt gute ausgebaute Straßen, einen modernen Flugplatz und fast alle Konsumartikel wie in der so genannten modernen Welt. In Nordeuropa hat man dafür 50 Jahre gebraucht, hier ging das in nur wenigen Jahren. Dass dadurch Einige noch unter dem Konsumschock stehen, ist sicher leicht nachvollziehbar.

Kinder sind das ein und alles der Herrenos. Heute sind auch hier die Familien kleiner geworden. Drei oder vier Kinder sind normal. Früher hatte eine Familie 8-10 Kinder. Herrenos lieben ihre Kinder und auch fremde Kinder. Wenn Sie also mit Kinder reisen werden sich die Tore schneller öffnen.

Kinder werden überall mithin genommen. Ob ins Restaurant oder abends auf die Fiesta. Es ist keine Seltenheit das fünfjährige Kinder um Mitternacht mit ihrer Familie noch unterwegs sind. Das ist hier völlig normal.

Auch die Essgewohnheiten haben sich verändert - bei Klein und Groß. Gab es früher Gofio (geröstetes Mehl) und Potache (Eintopfgericht) und dazu einen Becher Milch oder Wasser, sind es heute die so genannten modernen Lebensmitteln. Chips und Pommes, Coca-Cola und jede Menge Süßes.
Fortschritt bringt halt nicht immer nur Segen.