Samstag, 28. Juli 2012

El Hierro Vulkan - Eldiscreto wächst weiter

NEWS:
Als Nachtrag zu meinem gestrigen Beitrag von Bord der Atlantic Explorer heute die wissenschaftlichen Gerätschaften im Einsatz. Aktuell der Blick auf den Eldiscreto. Entgegen allen Vermutungen der Vulkankegel sei inzwischen teilweise abgerutscht oder die Kraterwände eingebrochen, befindet sich die Spitze des Eldiscreto aktuell 84 Meter unter der Meeresoberfläche. Nicht 88 m sondern nunmehr nur noch 84 m. Dies bestätigte mir auf mehrmalige Nachfrage der Kapitän der Atlantic Explorer. Es ist also dann doch noch in den letzten Monaten fast unbemerkt Lava ausgetreten. Von einem völligen Erlöschen der Vulkanaktivität seit März 2012 kann daher nicht die Rede sein. Es muss also noch offene - wenn auch nur kleine - Magmakanäle geben. Unten auf dem Foto wird gerade die Mess-Sonde abgelassen. Die Ergebnisse werden erst im Laufe der nächsten Woche nach eingehender Untersuchung im Labor der Uni Las Palmas vorliegen.

Das Meeresgebiet vor El Julan aus anderer Sicht. Im Hindergrund auf dem vorgelagerten Fels klein der Leuchtturm von Orchilla (zum Vergrößern anklicken). Hier finden zur Zeit die meisten Beben statt. Auch gestern wieder um 14.21 Uhr ein Erdstoß von ML2,1 und um 22.44 Uhr mit ML1,9 in 19 bzw. 20 km Tiefe. In der normalen IGN Statistik tauchen nur die Beben über ML1,5 auf. Insgesamt gab es gestern aber vier Erdstöße und heute Morgen bereits ebenfalls wieder vier Beben.
Nicht nur der Vulkan beschäftigt im Moment die Herrenos sondern akut die Trockenheit und die Waldbrandgefahr. Eine große Hitze hervorgerufen durch Saharawinde (Calima) mit einer kaum messbaren Luftfeuchtigkeit hat die Brandgefahr extrem erhöht. Ein Funke genügt und der Wald steht in Flammen. Auf La Gomera, La Palma und Teneriffa haben wir dies ja bereits in den vergangenen Wochen erlebt.

Bei meinem Besuch Anfang dieser Woche auf El Hierro konnte ich beobachten, daß viele Nebenstraßen und Waldwege gesperrt wurden. Eine Südumfahrung vom Golfotal über El Julan ist z.B. nicht mehr möglich. Diese Strecke endet am Leuchtturm Orchilla. Überall in der Prärie sind Löschtrupps mit ihren Fahrzeugen stationiert, um möglichst schnell auf ein Feuer reagieren zu können. Die wirksamste Methode den Brand gleich im Keim zu ersticken.

Aber auch die spanische Wirtschaftskrise macht sich auf der Insel immer mehr bemerkbar. Steigende Preise durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli, die hohe Arbeitslosigkeit von fast 35 % und vor allem die Angst vor der Zukunft macht den Menschen zu schaffen. 
Überrascht war ich allerdings über die vielen "Touristen" im Golfo, in La Restinga und Tamaduste. Touristen auf den ersten Blick - im Gespräch erkennt man dann aber sehr schnell, daß die Mehrzahl der Badenden Einheimische sind, die die Ferienzeit am Meer verbringen. Einige Besucher von den Nachbarinseln und kaum ausländische Gäste.
Viele versuchen den Alltag zu vergessen und die Ferienzeit auf ihre Art zu genießen.

Zur Wirtschaftskrise und den explizit spanischen Gründen dieser maroden Lage ist im Focus ein interessanter Artikel  erschienen. Genau diese Entwicklung konnte ich in den vergangenen Jahren auch auf den Kanaren beobachten und kann aus eigener Erfahrung alle angesprochenen Punkte nur unterstreichen:

"Zehn Gründe für den Niedergang Spaniens"

Bei der Euro-Einführung war Spanien der Musterschüler. Wirtschaftswachstum, Inflationsrate, Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit: Alle Daten waren vorbildlich, größtenteils deutlich besser als in Deutschland. Jetzt muss das Land womöglich unter den Rettungsschirmflüchten. Was ist da schief gelaufen? Focus Online analysiert die Ursachen für den abrupten Absturz und zeigt zehn Gründe, warum Spanien für die Euro-Zone zum mühlsteinartigen Problemfall geworden ist.

Spanien hat zu sehr auf schnelles Geld aus der Bauwirtschaft gesetzt. In den Boom-Jahren entstanden bis zu 800 000 neue Wohnungen jährlich – mehr als Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen. Immobilien waren angesichts jährlicher Preissteigerungen um 20 Prozent eine hervorragende Geldanlage. Die Preise verdreifachten sich innerhalb von zehn Jahren. Für Baulöwen, Spekulanten, Geldwäscher und Banken war die Immobilien-Blase eine Goldgrube. - weiterlesen im Focus.

Freitag, 27. Juli 2012

El Hierro Vulkan - die Atlantic Explorer

NEWS:
14.12 Uhr - neues Beben mit ML2,1 in 20 km Tiefe unter dem Berg Tanganasoga
In den vergangenen 24 Stunden hatten wir 5 erwähnenswerte Beben bis ML2,1 in 13 bis 23 km Tiefe. Die Avcan Karte zeigt die Lage und Verteilung von der Westspitze bis kurz vor La Restinga. Der weiße Kreis ist das Gebiet mit der beobachteten Meeresverfärbung am vergangenen Montag. Die verwirrenden IGN Angaben der letzten Tagen hatten wohl technische Ursachen und wurden inzwischen weitgehendst behoben. Übrig blieb ein Erdstoß in 1 km Tiefe am Westzipfel, der wohl eine Setzungserschütterung war. Auch der Auslöser für die Meeresverfärbung konnte nicht festgestellt werden.

Wie versprochen möchte ich nun noch einige Eindrücke meines Besuches auf dem Forschungsschiff Atlantic Explorer beisteuern. Das Schiff das vielen von den letzten Monaten bekannt ist, führt diese Woche eine neue Kampagne um den Eldiscreto durch. Untersucht werden alle relevanten Punkte wie Wasserqualität, Sauerstoff-, Kohlendioxid - oder Schwefel Gehalt und die Unterwasser-Flora und Fauna. Es geht darum Veränderungen und die Weiterentwicklung der Unterwasserwelt nach der Eruption zu untersuchen und zu dokumentieren. Dazu kommen Wissenschaftler der Universität Las Palmas mit an Bord.
Der Kapitän Tomas von S.O.S. Oceanos hat sich sehr viel Zeit genommen uns ausführlich jeden Winkel seines Schiffes zu zeigen. Sein Vater, der Gründer der Organisation S.O.S., hat sein Kapital und seine ganze Kraft in die Erforschung und den Schutz des Meeres investiert. Überhaupt besteht die ganze Besatzung aus Familienmitgliedern (Bruder, Schwester) und Freunden. Die technische Ausrüstung und das Schiff wird von der Firma Qstar aus Barcelona gestellt. Ein Unternehmen das sich mit der maritimen Ausrüstung von Reedereien und Forschungseinrichtungen beschäftigt. Früher war die Atlantic Explorer ein britisches Marine Schiff, das nach dem Kauf entsprechend umgerüstet wurde.

Da die Atlantik Explorer erst kurz vor unserem Besuch in La Restinga einlief, war noch viel Ausrüstung seefest verpackt und verzurrt. Die Besatzung machte sich aber trotzdem die Mühe die Gerätschaften auszupacken und zu zeigen. Wie hier oben eine Universal Plattform mit der Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen entnommen und Temperatur- und Gasmessungen vorgenommen werden können oder auch der Blick in die kleine Kombüse und Kabinen.
Besonders für mich interessant war natürlich der Unterwasser-Roboter (ROV) mit dem schon eine Reihe von beeindruckenden Eldiscreto Videos gedreht wurden. Ein italienisches Fabrikat, kleiner wie ich mir dieses Gerät eigentlich vorstellte, mit seiner Linse (Foto unten) den beiden Suchscheinwerfern links und rechts. Mehrere kleine Propellerantriebe erzeugen den Vor- und Auftrieb. Dieser ROV lässt sich um jede Achse beliebig steuern und ist mit einem Spezialkabel, das wohl sehr teuer und schlecht zu bekommen ist, während der Unterwassermission mit dem Mutterschiff verbunden.
Der Kapitän erläuterte, daß es um den Eldiscreto eine extrem magnetische Anomalie gebe, die die exakte Ausrichtung des ROV sehr erschwere. Derart starke magnetische Abweichungen habe er noch bei keiner anderen Mission erlebt. Es müsse wohl mit der stark eisenhaltigen Lavazusammensetzung in Verbindung gebracht werden. Er sei auf jeden Fall immer wieder froh, wenn das edle und teure Gerät wieder unversehrt an Bord gehievt werde.


Im Bauch des Schiffes im Unterdeck befindet sich das eigentliche Herzstück - die Kommandozentrale.
Ausgerüstet mit modernen Computer- und Steuerungsanlagen wird von hier jede Mission gesteuert und überwacht. Verstärkt durch Wissenschaftler der ULPGC soll diese Woche das vorgesehene Forschungsprogramm durchgeführt werden. Ein großes Labor ist nicht an Bord. Nur kleinere Untersuchungen können direkt vorgenommen werden. Alle Proben gehen anschließend weiter zum Laboratorium der Universität Las Palmas auf Gran Canaria.
An dieser Stelle noch einmal meinen Dank an die nette und sehr aufgeschlossene Besatzung von S.O.S. Oceanos auf der Atlantic Explorer. Vielleicht kann ich in naher Zukunft selbst mal eine Mission begleiten und darüber berichten. Warten wir es einfach mal ab.


An diesem Wochenende findet im Hafen von La Restinga die 15. Open-Fotosub statt. Eine Unterwasser Video Meisterschaft an der 30 Taucher von 9 Verbänden teilnehmen. Auch aus England, Frankreich und Italien sind Teilnehmer angereist.
Es geht darum ein Unterwasser-Video in einer vorbestimmten Zeit aufzunehmen, das dann im extra aufgebauten Festzelt im Hafen begutachtet und bewertet wird. Im letzten Jahr musste wegen der Eldiscreto Eruption diese Veranstaltung ausfallen.
Wer einen Blick auf das Programm werfen möchte - hier Open-Fotosub

Donnerstag, 26. Juli 2012

El Hierro Vulkan - hilft ein Informations-Embargo ?

NEWS:
Um 19.09 Uhr Beben von ML2,1 in 21 km Tiefe im Südwesten /El Julan


Das ist nun oben die überarbeitete IGN Statistik über die Beben der vergangenen zwei Tage. Auffällig, daß nun Erdstöße auftauchen die es bis gestern Nachmittag offiziell noch gar nicht gab. Beben knapp unter der Erdoberfläche in 2 und 3 km Tiefe (rote Pfeile). Technisches Versagen, Schlamperei oder vielleicht auch andere Gründe. Es ist schwer vorstellbar, daß der IGN gleich mehrere Beben bis ML2,1 so einfach entgehen. Registriert sie doch sonst auch jede geringste Erschütterung. Auch heute Morgen um 3.04 Uhr ein Beben von ML1,8 in 13 km Tiefe und um 3.57 Uhr von ML1,6 in 16 km Tiefe. Beide Erdstöße in Nähe des Eldiscreto (grüner Pfeil auf Google-Ansicht).


Aufgrund der sich jetzt häufenden Erdstöße in nur noch geringerer Tiefe, kann man als informierter Beobachter davon ausgehen, daß das Magma einen Weg nach oben zur Erd- bzw. Meeresoberfläche gefunden hat. Es hat die Magmakammer in rund 20 km Tiefe verlassen und steigt auf. Auch meine beobachteten Meeresverfärbungen am Dienstag stehen sicher damit in Zusammenhang. Erste Gasaustritte dürften bereits erfolgt sein.
Auch die jüngsten Erdstöße im Süden, unweit der alten Eruptionsstelle, liegen jetzt in 13 bis 16 km Tiefe.
Von offizieller Seite ist zu den ganzen Vorgängen nichts zu hören. Die IGN und die Pevolca (Krisenstab) scheinen im Moment abgetaucht (vielleicht Sommerurlaub) zu sein. Auch ist seit gestern die IGN Internet Seite nicht mehr erreichbar.
Interessant auch, daß die größte örtlich spanische Zeitung "Diario El Hierro" vom Cabildo El Hierro (Inselregierung) mit einem Informationembargo belegt wurde und die Förderation der Journalistenverbände von Spanien (FAPE) und die Vereinigung der Presse von Santa Cruz de Tenerife (APT) dagegen protestiert hat.
Alles Zufall oder doch gewollt. Im zweiten Fall könnte es sich sehr schnell als Bumerang erweisen. Unter Franco vielleicht damals möglich, aber in einer Demokratie mit dem verbrieften Grundrecht der freien Meinungsäußerung nicht denkbar.
Natürlich wird in der Presse auch viel Blödsinn geschrieben, aber auch vieles Aufgeklärt. Jeder mündige Bürger sollte selbst entscheiden können, wie er eine Information bewerten möchte.
Ein Embargo ist sicher nicht der richtige Weg. Wem sollte es helfen ? - dem Tourismus, den Politikern oder den Bürgern?

Aufgrund der aktuellen Vorgänge komme ich gar nicht dazu über meinen Bordbesuch auf dem Forschungsschiff  Atlantic Explorer zu berichten. Dies werde ich aber in Kürze nachholen.

Mittwoch, 25. Juli 2012

El Hierro Vulkan - neuer Gasaustritt ?

NEWS:
18.55 Uhr - es ist noch nicht geklärt woher die Meeresverfärbung kommt. Das IGN hat inzwischen seine Daten überarbeitet. Es gab seit 20.00 Uhr gestern Abend und 6.00 Uhr heute Morgen inzwischen 4 Beben von ML1.7 bis 2.1 in einer flachen Tiefe zwischen 2 und 3 km Tiefe in der Gemeinde La Frontera.


Gestern und heute Nacht hatten wir fünf neue Beben bis ML2,9 um die Westspitze. Die meisten Erdstöße lagen wieder in der bekannten Tiefe von 18 bis 21 km. Nur ein Beben gestern Abend um 20.11 Uhr (Pfeil) von ML1,7 - von der IGN inzwischen nochmals überprüft und von ML1,6 auf 1,7 korrigiert - erfolgte in nur 1 km Tiefe. Das Zentrum (links) lag ca. 3 km vor der Küste unterhalb des Lomo Negro II. Zufällig führte am gestrigen Nachmittag unser Weg, zusammen mit meinem GEO Begleiter, an dieser Stelle vorbei.
Uns fiel bereits gegen 14.00 Uhr eine auffällige Meeresverfärbung auf. Verfärbungen gibt es immer wieder, aber diese war doch ungewöhnlich. Ein "Grünton" den ich so nur von der Eldiscreto Eruption kenne. Mein Begleiter - der Journalist Claus Peter Lieckfeld - machte mich sofort auf diese Besonderheit aufmerksam. Mit dem Fernglas beobachteten wir diesen grünen Teppich der sich über ca. 100 m erstreckte. Auf den Fotos kommt die grüne Färbung nicht richtig zur Geltung. In Natura war er wesentlich kräftiger.





Ich tat es zunächst als natürliche Meeresverfärbung ab die durch Algen oder andere Lebensformen hervorgerufen werden können (zum Vergrößern Bild anklicken). Erst einige Stunden später durch den Erdstoß um 20.11 Uhr wurde mir schlagartig klar, daß hier ein Zusammenhang bestehen muß. Das Beben in 1 km Tiefe erfolgte exakt in dieser Stelle , nur etwas weiter vor der Küste.
Es sind unsere Beobachtungen die noch nicht wissenschaftlich bewertet wurden. Durchaus könnte es sein, daß hier bereits Gase aus dem Meeresboden entweichen, die die Färbung verursachen.
Durch meinen Rückflug am gestrigen Abend nach La Palma hatte auch noch keine Zeit mich mit IGN bzw. der Atlantic Explorer in Verbindung zu setzen.
Ich stelle es einfach mal zur Diskussion und denke, daß wir im Laufe des Tages Näheres dazu erfahren werden.

Dienstag, 24. Juli 2012

El Hierro Vulkan - wieder vor Ort

News:
Am Montag nur ein kleiner Erdstoß von ML1,8 um 10.28 Uhr in 18 m Tiefe im Südwesten.

Ich bin überaschender Weise seit Montag Morgen wieder auf El Hierro. Dieses Mal mit dem Flieger. Mit der Fluggesellschaft Binter Airways über Teneriffa Norden weiter nach Valverde. Das ganze in 1 Stunde und 40 min. Doch wesentlich angenehmer und vor allem schneller als mit der Olsen Fähre.
Der Grund für meine schnelle Wiederanreise ist eine Reportage für das Geo Magazin über die Schönheiten, Besonderheiten und auch die vergangene Vulkanaktivität auf der Insel. Ich begleite hier einen erfahrenen Journalisten und Autor bei seinen Recherchen. Es soll eine interessante Geschichte werden, die im Januar 2013 erscheinen soll.

Heute stand zum Beispiel der Besuch an Bord der Atlantic Explorer auf dem Programm. Dieses Forschungsschiff liegt wieder im Hafen von La Restinga und wird in den nächsten drei Tagen Messungen um den Eldiscreto durchführen. Aufschlussreiche Gespräche mit dem Kapitän und der Besatzung, um das Schiff, um die Aufgaben und die Hindergründe von Qstar und S.O.S. oder warum es Probleme mit dem Unterwasserroboter (ROV) gibt und was Gespräche mit IGN Wissenschaftlern ergeben haben, ausführlich in den nächsten Tagen sobald ich wieder Zuhause bin.