Montag, 24. Oktober 2011

El Hierro Vulkan - Krisenmanagement

Die Sonntagsruhe scheint beendet. Seit letzter Nacht setzen wieder verstärkt Beben ein. Die letzten kräftigeren Erdstöße erfolgten um 6.04 Uhr mit 2,5 und um 6.41 Uhr mit 2,4.
Auf der Verlaufstatistik ist das Ansteigen gut zu erkennen. Die Grafik täuscht allerdings, da seit der Eruption das starke Hindergrundrauschen des Tremor alle Erdstöße unter 1,5 fast verschluckt und nicht ausgewiesen werden können.






Hier habe ich eine simple und leicht verständliche Grafik der Uni Frankfurt zur Ausdehnung, auch Wölbung oder Blasenbildung, der Erdoberfläche vor einem Vulkanausbruch gefunden. Achten Sie bei Bild 1 auf den sog. Tiltmeter. Die Magmakammer füllt sich und braucht mehr Raum, die Erdoberfläche wölbt sich, auch Inflation genannt (Bild 2). Es erfolgt die Eruption und die nun entleerte Magmakammer füllt sich wieder mit zurück fließender Magma oder Gestein auf. Das nennt man Deflation. Zurück bleibt ein Vulkankrater oder im Extremfall eine große Caldera (Senkkrater) wie hier auf La Palma.
Genau dieser Vorgang erfolgte auf El Hierro vor Beginn der Eruption im Süden. Gemessen wird das mit genauen GPS Geräten. Nun beobachten wir wieder ein leichtes Ansteigen der Inflation. Die Magmakammer füllt sich aus dem Erdinnern auf und das verursacht wahrscheinlich die Beben im Golfotal.

Heute hat sich auch die Kanarische Presse des Missmanagement und der schlechten Informationspolitik des Krisenstabes (Pevolca) angenommen.
Die Diario de Avisos, eine der größten Zeitungen schreibt sinngemäß:

"Mehr als ein Dutzend guter kanarischer Wissenschaftler kann die Vulkaneruption nur aus der Ferne als Zuschauer und am Bildschirm tatenlos mit verfolgen. Sie wurden nicht gefragt oder in den Krisenstab nach El Hierro eingeladen.
Glauben Sie nicht, daß ein Ozeanologe über die vielleicht giftige Zusammensetzung des Meereswasser Auskunft geben kann? Oder ein Biochemiker Spezialist auch für Gas ist? Alle wurden sie nicht gefragt und vom Katastrophenstab einfach ausgeschlossen.

Einzig das Nationale Geographische Institut (IGN) wurde herangezogen. Sie haben bisher zweifellos gute Arbeit verrichtet. Aber mit den richtigen Spezialisten wären manche Entscheidungen besser und vor allem schneller möglich gewesen.
Die Unterwasser Hydrophone (Mikrofone) wurden zu spät montiert. Es fand lange Zeit keine Zusammenarbeit mit dem Spanischen und Kanarischen Institut für Meereswissenschaft statt.
Es ist eine Krise in der Krise, wenn Personalentscheidungen nicht nach Sachzwängen sondern nach sonstigen Abwägungen vorgenommen werden." - Ende des Zitat-

So läßt sich auch erklären, warum ein leistungsfähiges Forschungsschiff wie die "Margalef" erst seit heute im Einsatz ist. Auch die nicht nachvollziehbaren Entscheidungen um Restinga oder den Golfotunnel werden nun klarer.
Im Katastrophenstab sitzen meist Politiker aus Cabildo, Gemeinden, Militär und Hilfsorganisationen. Die oder der Wissenschaftler vom IGN hat nur eine beratende Funktion. Die Entscheidung treffen noch immer die Politiker und so ist es auch mit der Informationspolitik.
Auch die Laprovincia schlägt in die gleiche Kerbe und kritisiert die mangelhafte Zusammenarbeit zwischen den wissenschaftlichen Institutionen und die Verwirrung der Behörden. Es gab bisher mehr Fragen als Antworten.
Auch manch schockierende Erklärung wie die Antwort des Sprechers der IGN auf die Frage eines Journalisten zum Stand und der weiteren Entwicklung der Vulkanaktivität, antwortet der Volcanólogo Ramon Ortiz : "Fragen Sie den Vulkan". Dies ist keine vertrauensbildende Öffentlichkeitsarbeit und läßt an der Kompetenz Zweifel aufkommen.
Hier rufe ich noch einmal eine Mail eines Lesers in Erinnerung der schrieb:

Leider muss ich immer wieder feststellen,dass die Behörden entweder keine,verspätete oder sehr abgeschwächte Informationen heraus geben. Mich versetzt diese Tatsache viel mehr in Angst, als das eigentliche Geschehen. Panik entsteht durch Unwissenheit und nicht durch Aufklärung"

Sonntag, 23. Oktober 2011

El Hierro Vulkan - Sonntagsruhe

Das hört man doch gerne. Während der letzten Stunden haben sich außer ein paar leichten Beben im Golfotal und auch wieder im Süden, keine besonderen Vorkommnisse entwickelt. Zeit für mich und meine Familie zu einem Sonntagsspaziergang.

Das Forschungsschiff "Ramon Margalef" ist soeben in El Hierro eingelaufen und wird dann erst ab Montag der Unterwasser-Eruption auf den Grund gehen.
Der Katastrophenstab "Pevolca" hat heute Morgen per Flugzeug die Eruptionstelle überflogen, um sich ein Bild der Lage vor Ort zumachen. Danach ist alles in Ordnung und kein Wasserstrudel mehr zu erkennen.
Fischer aus Restinga berichten dagegen, über ein Auffrischen der grünen Brühe, als würde Nachschub vom Vulkan kommen und über einen deutlich erkennbaren Strudel an der Wasseroberfläche. Fata Morgana oder Wirklichkeit?

In Restinga haben zwei Restaurantes und ein Supermarkt wieder eröffnet. Viele Anwohner  trauen dem Frieden aber nicht und verschieben ihre Rückkehr auf einen späteren Zeitpunkt. Sie wollen aus sicherem Abstand die Situation erst einmal beobachten. Das ständige Hü und Hopp mit Aussagen "Restinga ist sicher" und dann die kurz darauf erfolgte Schnell-Evakuierung hat sie unsicher gemacht.

In eigener Sache:
Ich danke allen Kommentatoren für ihre Meinungsäußerung. Auch bedanke mich für die vielen Mails, die ich leider nicht alle beantworten kann. Ich respektiere jeden zur Sache gemachten Standpunkt. Jede Äußerungen stellt die persönliche Ansicht des Schreibers dar, wie auch meine Artikel meine persönliche Einschätzung darstellen.
Ich versuche als logisch unabhängig denkender Mensch, Sie nicht nur mit Zahlen sondern auch mit Dingen zu konfrontieren und mögliche Folgewirkungen auszusprechen.
Wer es etwas sanfter braucht liest die offiziellen Politikermeinungen, wer es deftiger liebt Bild&Co.
Oder mit einem Albert Einstein Zitat:

"Ein Tag, an dem sich alle Anwesenden völlig einig sind, ist ein verlorener Tag"

Nur eine kleine Bitte habe ich. Posten Sie bitte mit Ihrem Namen und nicht als Anonym. Danke !

El Hierro Vulkan - Beben von 3,1 im Golfo

Wie nicht anderst zu erwarten, hat sich in der Nacht die Bebenaktivität im Golfotal weiter verstärkt. Allein von 24.°° bis heute Morgen 7.°° Uhr gab es 38 Erdbeben, davon 11 Beben mit einer Stärke von über 2,0 RSk. Der kräftigste und für alle Anwohner spürbare Erdstoß erschütterte um 4.52 Uhr mit 3,1 Richterskala das Tal. Der Tremor (Magmaaufstieg) läuft normal.  Das Zentrum der Beben liegt noch in großer Tiefe, bei 17 - 21 km. Das bedeutet aber nicht, daß doch einzelne Vulkanschlote sich bereits weiter in Richtung Erdoberfläche durchgebrannt haben. Ein anschauliches Video zeigt das Bebenzentrum und die ungefähre Lage der Magmakammer.


Wie toll es im Golfotal im April blüht und der Boden von einem kräftigen Blütenteppich überzogen ist, zeigt diese Aufnahme vom nördlichen Bereich mit dem ehemals kleinsten Hotel der Welt und der gestern angesprochenen einzigen Bootsanlegestelle. Im Hindergrund die Felsen von Los Roques de Salmor. Bleibt zu hoffen, daß wir auch nächstes Jahr, diesen Anblick noch genießen können.

Foto: aus meinem Buch "Geheimnisvolles El Hierro"

Samstag, 22. Oktober 2011

El Hierro Vulkan - Stärkere Beben im Golfo


Die Erdstöße im Golfo nehmen an Intensität und Umfang zu. Noch liegen fast alle Beben in ca. 20km Tiefe. Die in der Tabelle als "Atlantico" bezeichneten Beben, befinden sich weiter im Meer vor dem Golfo. Es ist anzunehmen, daß sich die Magmakammer weiter mit frischem Material versorgt. Den stärksten Erdstoß gab es um 10.31 Uhr mit 2,8 RSk, der auch deutlich spürbar war. Der Tremor aus dem aufsteigenden Magma verläuft normal, mit leicht ansteigender Tendenz.
Von der Eruptionstelle im Süden wird nur noch von aufsteigenden Gasblasen berichtet. Weite Meeresteile seien weiter grün eingefärbt und viele "Lavabrocken" treibend an der Meeresoberfläche gesichtet worden.

Um ihnen die Situation und Gefährlichkeit eines evtl.Vulkanausbruch im Golfotal zu erklären, habe ich auf der Google Karte die vorhandenen Straßenausgänge rot markiert.

Das Golfotal ist ein Halbkrater mit über 1000m hohen und steilen Felswänden (der untere Halbkreis auf der Karte). Auf dem Kratergrund leben fast 3000 Menschen. Es gibt drei Ausgänge: Links im Süden über einen schmalen Weg, in der Mitte unten eine kurvenreiche Straße über die Gipfel und rechts das oft erwähnte 2km lange Tunnel.


Im angenommenen Fall einer Eruption (= nur eine von mir gedachte Hypothese) mit starkem Beben, würde Erdrutsch und Steinschlag von den Kraterwänden, die Bergstrecke unten und den Tunneldurchgang schnell unpassierbar machen. Bliebe als letzter Fluchtweg der enge Südausgang. Nicht auszudenken, wenn sich das Ereignis im südlichen Teil des Golfotales ereignet. Eine Evakuierung über den Seeweg wäre nur bedingt im nördliche Teil von der kleinen Anlegestelle "Punta Grande" aus möglich und nur mit kleinen Zubringer- Booten. Große Schiffe können hier nicht anlegen. 
Wie gesagt nur ein Gedankenspiel - die offiziellen Stellen sehen keine momentane Gefahr und haben sicher den perfekten Plan bereits in der Schublade.
Die Ramon Margalef, das sehnsüchtig erwartete Forschungsschiff aus Nordspanien mit seinem leistungsstarken ROV-Roboter, ist heute Morgen in Santa Cruz de Tenerife angekommen und befindet sich bereits auf der Anfahrt nach El Hierro. Ab Morgen kann es dann auch visuelle Aufnahmen von der Eruptionstelle im Süden zur Oberfläche bringen.

El Hierro Vulkan - Golfotal neues Bebenzentrum

Der Schreck von den gestrigen Abendstunden, als alle auf den Kanaren installierten Seismographen fast gleichzeitig Alarm schlugen, ist geklärt. Aufgezeichnet wurde ein schweres Erdbeben der Stärke 7,3 Richterskala auf den Kermadec- Inseln im Südwest Pazifik bei Neuseeland. Hier das Diagramm von La Gomera.
Nur auf meinem La Palma, der Isla Bonita, wurde davon nichts bemerkt. Die Messgeräte sind außer Funktion. Gerade auf der vulkangefährdesten Insel der Kanaren gehen derzeit die Erdstösse unbemerkt vorbei. Das war vielleicht die wichtigste Erkenntnis des gestrigen Abend.

Auf El Hierro spitzt sich dagegen die Lage zu. Fast alle neuen Erdstöße kommen aus dem Bereich des Golfotales. Innerhalb von 7 Stunden erfolgten heute Nacht über 10 Erdbeben mit mehr als 1,5 RSk. Das kräftigste Beben erfolgte um 2.30 Uhr mit 2,3 und um 8.21 Uhr mit 2,1 auf der Richterskala. So langsam werden auch die Anwohner unruhig und nervös. Aus vielen Mails verspüre ich Unbehagen und Ärger über die Informationspolitik der Behörden. Das Vertrauen in die offiziellen Aussagen schwindet mehr und mehr.

Seit einer Woche ist das Forschungsschiff "Prof. Ignazio Lazano" in dem Eruptionsgebiet von El Hierro nun unterwegs.
Das Schiff gehört der PLOCAN (Plataforma Oceanica de Canarias) mit Sitz in Telde auf Gran Canaria. Ein staatliches Unternehmen.
Zu seinen Aufgaben gehört die Entnahme von Wasserproben aus unterschiedlicher Tiefe und das Aufsammeln von Lava und biologischen Feststoffen. Im bordeigenen Labor können diese Proben gleich untersucht werden. Auch die Überwachung der Gas- und Wasser- dampfkonzentration, sowie die Charakterisierung von Unterwassergeräuschen gehört zum Tätigkeitsfeld. Eine gute Hilfe ist der mitgeführte Seaglider "Altair", ein Roboter, der bis in eine Tiefe von 1000m abtauchen kann, aber keine Camera an Bord hat.


Aufgefunden wurden viele tote Fische, die durch Druck, Hitze oder durch die hohe Gaskonzentration ums Leben kamen. Untersuchungsergebnisse werden nur spärlich bekannt, da weitere Kontrolluntersuchungen in Teneriffa erfolgen. Bestätigt wurde bisher eigentlich nur, daß sich der Ph-Wert im betroffenen Meeresgebiet drastisch verändert habe. Das Eruptionsgebiet auf El Hierro galt bis vor wenigen Tagen noch, als eines der artenreichsten und schönsten Tauchgebiete der Kanaren.