Der Schreck von den gestrigen Abendstunden, als alle auf den Kanaren installierten Seismographen fast gleichzeitig Alarm schlugen, ist geklärt. Aufgezeichnet wurde ein schweres Erdbeben der Stärke 7,3 Richterskala auf den Kermadec- Inseln im Südwest Pazifik bei Neuseeland. Hier das Diagramm von La Gomera.
Nur auf meinem La Palma, der Isla Bonita, wurde davon nichts bemerkt. Die Messgeräte sind außer Funktion. Gerade auf der vulkangefährdesten Insel der Kanaren gehen derzeit die Erdstösse unbemerkt vorbei. Das war vielleicht die wichtigste Erkenntnis des gestrigen Abend.
Auf El Hierro spitzt sich dagegen die Lage zu. Fast alle neuen Erdstöße kommen aus dem Bereich des Golfotales. Innerhalb von 7 Stunden erfolgten heute Nacht über 10 Erdbeben mit mehr als 1,5 RSk. Das kräftigste Beben erfolgte um 2.30 Uhr mit 2,3 und um 8.21 Uhr mit 2,1 auf der Richterskala. So langsam werden auch die Anwohner unruhig und nervös. Aus vielen Mails verspüre ich Unbehagen und Ärger über die Informationspolitik der Behörden. Das Vertrauen in die offiziellen Aussagen schwindet mehr und mehr.
Seit einer Woche ist das Forschungsschiff "Prof. Ignazio Lazano" in dem Eruptionsgebiet von El Hierro nun unterwegs.
Das Schiff gehört der PLOCAN (Plataforma Oceanica de Canarias) mit Sitz in Telde auf Gran Canaria. Ein staatliches Unternehmen.
Zu seinen Aufgaben gehört die Entnahme von Wasserproben aus unterschiedlicher Tiefe und das Aufsammeln von Lava und biologischen Feststoffen. Im bordeigenen Labor können diese Proben gleich untersucht werden. Auch die Überwachung der Gas- und Wasser- dampfkonzentration, sowie die Charakterisierung von Unterwassergeräuschen gehört zum Tätigkeitsfeld. Eine gute Hilfe ist der mitgeführte Seaglider "Altair", ein Roboter, der bis in eine Tiefe von 1000m abtauchen kann, aber keine Camera an Bord hat.
Aufgefunden wurden viele tote Fische, die durch Druck, Hitze oder durch die hohe Gaskonzentration ums Leben kamen. Untersuchungsergebnisse werden nur spärlich bekannt, da weitere Kontrolluntersuchungen in Teneriffa erfolgen. Bestätigt wurde bisher eigentlich nur, daß sich der Ph-Wert im betroffenen Meeresgebiet drastisch verändert habe. Das Eruptionsgebiet auf El Hierro galt bis vor wenigen Tagen noch, als eines der artenreichsten und schönsten Tauchgebiete der Kanaren.
Lieber Manfred Betzwieser,
AntwortenLöschennur einmal mehr herzlichen Dank für Ihre ausdauernde Berichterstattung. Ohne Ihren Blog, ohne die - sicher den Quellen oft recht mühsam abgerungenen - Daten und Fakten säßen wir, auch hier auf Teneriffa, ganz schön auf dem 'Trockenen'.
Gleichzeitig ist es traurig - oder stellt es deren Unfähigkeit dar - daß die Behörden auf Ignoranz und gefährliche Gleichgültigkeit setzen und es mit der 'Kopf-in-den-schwarzen-Sand-Methode' versuchen.
Da wird so lange rumprobiert und analysiert, bis es, vielleicht an ganz anderer Stelle richtig kracht und Menschenleben kostet.
Gibt es denn keine übergeordneten Stellen, die dem Einhalt gebieten können und die Menschen aufklären und in Sicherheit bringen?
Eine mehr retorische Frage.
Doch schließlich kann man sich auf einer kleinen Insel nicht einfach ins Auto setzen und ein paar hundert Kilometer der Gefahr entfliehen.
Zumindest sollte man den Ernstfall einmal andenken und schnellstmögliche Vorsorge treffen.
Es gab in der Vergangenheit Vulkanausbrüche, die sich plötzlich ereigneten, ohne sich vorher anzumelden. Warum hört man nicht auf Anzeichen, die - vielleicht - eine Katastrophe ankündigen.
Mich erinnert das sehr an das große Feuer 2007 auf Teneriffa, als ebenfalls nichts getan wurde, und als man endlich tat, krasse Fehlentscheidungen das Hab und Gut sowie die Existenzen vieler zerstörten.(Nach Masca schickte man die Feuerwehr aus Granadilla, die sich in dem zerklüfteten Gebiet nicht auskannte und die Flucht ergriff). Und es erinnert an das Danach, als man mit großen Worten Entschädigung versprach und viele bis heute nichts erhielten als diese warmen Worte. Mehr als 4 Jahre später!
Grüße von Insel zu Insel
Claus
Lieber Claus,
AntwortenLöschendanke für deine Worte.
Das sind schon die höchsten Entscheidungsorgane. Die Kanarische Regierung und das Cabildo von El Hierro. Beide sind darauf bedacht vieles als harmlos einzustufen. Es ist ihre Aufgabe keine Panik aufkommen zu lassen und im Ernstfall doch Menschenleben zu retten. Das ist die Gratwanderung auf der sie im Moment jounglieren.
Passiert nichts sind sie bestätigt, gibt es aber Opfer dann war es nicht vorher sehbar oder höhere Gewalt.
Ich glaube, daß der gesunde Menschenverstand im Moment der beste Ratgeber ist.
Deine Erfahrung mit der Entschädigung der Brandopfer kann ich nur bestätigen. Auch hier auf La Palma sind die Opfer des großen Waldbrandes von vor zwei Jahren bis heute nicht entschädigt worden. Große Worte und unbürokratische Abwicklung wurde vollmundig versprochen, alles nur leere Worte.
Vertrauen wir auf unseren eigenen Verstand und handeln auch danach. Die Zukunft wird es zeigen, wer richtig lag.
Schöne Grüße an die Nachbarinsel Tenerife
Manfred
Aber, lieber Manfred, auch Unwissenheit (unter der Bevölkerung) wird Panik schaffen im Ernstfall und da nützt alle Gradwanderung nichts mehr, wenn man auf der einen oder anderen Seite desselben heruntergefallen ist.
AntwortenLöschenEin befreundetes Paar erzählte letzthin, daß, auf Grund der Erdbeben auf El Hierro, mit ihrem 5jährigem und dessen 'Kumpels' im Kindergarten seit Wochen das Verhalten im Ernstfall eines Erdbebens geübt wird. Allerdings ist dies ein privater Kindergarten.
Vielleicht sollten die Großen auch mal üben.
Habe gerade diese Seite:
http://standeyo.com/NEWS/11_Earth_Changes/111010.El.Hierro.coverup.html
gefunden, die in ihrer Überschrift fragt: "Wer verschleiert die Erdbeben auf El Hierro?"
leider nur in Englisch. Die Frage ist, warum führende Erdbebenseiten; Goggle Earth u.a. nicht über die Erdbeben auf El Hierro berichten bzw. diese nicht anzeigen(Stand 09./10. Oktober). Ohne Verschwörungstheoretiker zu sein, eine, wie ich meine, berechtigte Frage.
Saludos Claus
Wer verschweigt was?
AntwortenLöschenDie Beben sind ja öffentlich zugänglich. Und wer hätte Interesse, diese zu verschweigen?
Die Entstehung einer neuen Insel oder ein sonstiges Naturphänomen dieser Grösse ist nicht versteckbar.
Ramon Margalef ist übrigens mittlerweile in Teneriffa angekommen (GPS funktioniert wieder):
http://goo.gl/LruKW