Sonntag, 2. Oktober 2011

Planetenkonstellation - kein Einfluss auf Vulkane

Auch der Sonntag ist bisher ruhig verlaufen. Gestern gab es 116 Beben mittlerer Stärke. Bleibt Zeit einmal Zwischenbilanz des bisherigen Verlaufs zu ziehen:

Insgesamt wurden seit Mitte Juli bis heute 8862 Erdstöße registriert. Die stärkste Magnitude lag bei 3,8 auf der Richterskala. Der Hauptteil der Beben kam aus einer Tiefe zwischen 9 - 14 km. Das Zentrum hat sich vom Golfotal im Nordwesten in den Küstenbereich von Tacaron bzw. dem Mar de las Calmas in den Süden verlagert.

Durch die besondere Konstellation der Gestirne am gestrigen Samstag, hatte ich eigentlich ein Aufbrausen der Erdbeben Aktivitäten erwartet. Der besondere Abstand Sonne, Erde und Mond und verschiedene andere Einflüsse am gestrigen Tage, hatte nämlich eine besonders hohe Flut auf den Kanaren ausgelöst. Es wurden Rekordstände von teilweise mehr als 2 m über Normal gemessen. Auf den Vulkan hatte dies jedoch keinen Einfluss. Somit haben wir wieder einen neuen Erfahrungswert, daß besondere Planetenkonstellationen auf Vulkane keinen Einfluss ausüben können.

Des einen Freud - des anderen Leid. So könnte man vielleicht folgenden Bericht einer Schweizer Zeitung kommentieren:

Unternehmer auf El Hierro erhoffen Vulkanausbruch       
Der Vorsitzende der Vereinigung kleiner und mittlerer Unternehmen auf der Insel, Herminio Sánchez, sieht sogar riesige Vorteile in einer - begrenzten - Naturkatastrophe. Er erhofft sich davon einen massiven Zustrom neugieriger Vulkan-Touristen. «Wenn Hawaii davon lebt, warum wir nicht? Der Vulkan soll so schnell wie möglich explodieren.»
«Das ist das Beste, was uns passieren kann», beteuert Sánchez, dessen Verein 120 Unternehmen angehören, nach einem Online-Bericht der spanischen Zeitung «El País» vom Freitag. Nach seiner Schätzung könnte ein Vulkanausbruch die Anzahl der Besucher auf der Insel verzehnfachen.
Sánchez ist nicht der einzige Insel-Bewohner, der dieser Meinung ist. Auch der Besitzer des Restaurants «Don Din 2» in der Ortschaft Frontera, hofft auf einen Vulkanausbruch, «vorausgesetzt, dass es keine Opfer gibt» - komplett nachzulesen in südostschweiz.ch

La Frontera im Golfotal mit seinem weithin sichtbaren Glockenturm

Samstag, 1. Oktober 2011

Verschnaufpause auf El Hierro

Die Beben haben gestern etwas nachgelassen, es gab insgesamt 148 Erdstöße. Allerdings wurden die Herrenos heute Nacht um 0.25 Uhr von einem Beben der Stärke 3,5 und kurz darauf um 0.47 Uhr von 3,6 auf der Richterskala, wieder wachgerüttelt.


Auf der Grafik, die den gesamten Erdbebenverlauf von Juli bis gestern wiedergibt, kennzeichnen die schwarzen Balken die Gesamtanzahl der täglichen Beben. Die roten Balken sind stärkere Beben mit mehr als 2,0 auf der Richterskala. Es fällt auf, daß in den letzten Tagen das Rot überwiegt, also die Stärke kräftig zugenommen hat.
In der Gesamtstatistik fällt das regelmässige Auf und Ab der Aktivitäten auf. Diese Wellenlinie ist typisch vor einem Vulkanausbruch. Auf Tagen mit reger Aktivität folgen Tage mit relativer Ruhe. In so einem Tal befinden wir uns heute. Insgesamt kumuliert sich aber die Energie im Untergrund, um in der nächsten Woche umso kräftiger wieder loszulegen.
Diesen klassischen Verlauf konnten wir auch beim letzten Ausbruch des Teneguia auf La Palma 1971 beobachten. Kurz vor dem Ausbruch stieg die Heftigkeit der Erdbeben auf eine Stärke von 4,8 - 5,0 der Richterskala an. Ein dann untrügliches Zeichen für eine baldige Eruption.
Ich denke, daß dieses Spiel auf El Hierro noch einige Wochen andauern wird und sich erst bis Ende Oktober entscheidet.
Wer eine Chronologie so einer Vulkanentwicklung einmal nachlesen möchte, empfehle ich als  Beispiel, der Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 auf Island.

Die Energiekurve, das heißt die kumulierte und angespeicherte Kraft in der Magmakammer, steigt mit jedem Tag weiter an. Seit einer Woche geht sie fast senkrecht nach oben. Das sind rechnerische Werte, da es schlecht möglich ist in 10 und mehr km Tiefe den Druck zu messen. Aus der Erfahrung ist aber bekannt, daß irgendwann das Fass zum Überlaufen kommt.

Noch eine kleine Bitte. Auf der Seite oben rechts habe ich eine kleine Umfrage eingefügt. Geben Sie bitte auch Ihr Votum ab - Danke.

Freitag, 30. September 2011

El Hierro steht noch

Wenn ich so manche deutsche Presseartikel überfliege, bekommt man wahrlich den Eindruck, die Kanaren stehen kurz vor ihrem Untergang.

"Vulkan-Angst im Urlaubsparadies" (Bild) oder "Ganz El Hierro auf der Flucht"

Das sind Presse Schlagzeilen die aber ihre Wirkung entfallten. Aus verschiedenen Anfragen höre ich die Unsicherheit und Angst, Urlaub auf den Kanaren zu verbringen.

Deshalb zur Klarstellung: Es geht nur um die südwestlichste Insel El Hierro. Ob dort ein Vulkan ausbrechen wird, kann heute noch niemand sagen. Entweder die Aktivitäten kommen zum Stillstand oder es kommt zur Eruption.
Alle anderen kanarischen Inseln sind davon nicht betroffen. Auch eine evtl. Aschewolke wird keine großen Auswirkungen auf die Nachbarinseln haben. Auf den Kanaren gibt es keine explosiven Vulkane, darüber sind sich alle Wissenschaftler einig. Auch die beiden letzten Ausbrüche 1949 und 1971 auf La Palma haben dies bestätigt. Sie können also unbeschwert ihren Urlaub auf Teneriffa, La Gomera, La Palma oder den anderen Inseln verbringen. Nur ein Besuch auf der Insel El Hierro würde ich zum heutigen Zeitpunkt verschieben.

Nun zu den Fakten:
Die Erdstöße halten unvermindert an. Gestern waren es 95 Beben, davon einige über 3,0 auf der Richterskala.
Die evakuierten Menschen in den Steinschlaggebieten durften wieder in ihre Häuser zurück. Das ist ein schon oft dagewesener Vorgang, der auch bei Starkregen in der Vergangenheit zum Tragen kam und nicht extra wegen der Beben erfunden wurde. Wohnen Sie einmal direkt unter einer über 1000 m hohen Felswand, von der sich durch Witterungseinflüsse oder jetzt der Beben, Steinbrocken oder Felsen lössen können.

Die spanische Verteidigungsministerin Carme Chacon kam gestern extra aus Madrid angereist, um ihre Unterstützung und Hilfe bei einem Ernstfall zu bekräftigen. Mit Hilfe des Militärs sei man kurzfristig in der Lage bis zu 4000 Personen auf eine andere Insel zu evakuieren. Auch sei man darauf vorbereitet 2000 Personen in Notunterkünfte unter zubringen. Alle Vorbereitungen seien bereits getroffen.
Es ist schon bemerkenswert, daß sich Madrid so intensiv um El Hierro kümmert und eigens die Verteidigungsministerin auf das kleine El Hierro schickt. Hier sieht der aufmerksame Betrachter, welch hohen Stellenwert der Vulkanaktivität in Madrid beigemessen wird. Kurzum wir sind in guten Händen und es wird alles Menschenmögliche getan.

0-Meridian - Faro de Orchilla
Das Zentrum der Beben liegt wie in den vergangenen Tagen im Südwesten, zwischen La Restinga und dem Leuchtturm "Faro de Orchilla", dem ehemaligen 0 Meridian oder wie von Papst Luis VIII noch im Jahre 1643 festgelegt, der "Meridian Primero". Also das Ende der Welt oder am "Culo del Mundo" (diese Übersetzung spare ich mir)





Interessant ist, daß genau dieses Gebiet 1995 als Baugelände für den ersten europäischen Weltraumbahnhof vorgesehen war. Von hier aus sollten Satelliten der ESA ins All geschossen werden. Nur durch den unbändigen Protest der Einwohner wurde dann das Projekt zu den Akten gelegt. Auch ausführlich nachzulesen in meinem El Hierro Buch. Nicht auszudenken was bei Realisierung der Pläne nun heute damit geschehen wäre.


Der große Kreis beschreibt den Gefahrenbereich, der beim Start einer Rakete geräumt werden sollte. Rechts unten das Ort La Restinga und am linken Kreisrand ungefähr der Leuchtturm. Genau dieses Gebiet ist zur Zeit das Zentrum der Erdstöße.

Donnerstag, 29. September 2011

Das Vulkan Frühwarnsystem von El Hierro

Die Vorwarnung auf El Hierro, und nicht nur hier sondern auch auf den anderen Kanarischen Inseln, ist vorbildlich. Sitzen wir doch alle gemeinsam auf einem Vulkan.
Damit eine richtige und rechtzeitige Vorwarnung erfolgen kann, müssen entsprechende Messtellen eingerichtet sein. Sie alle erinnern sich sicher noch an den für viele überraschend kommenden Tsunamie in Indonesien mit seinen gravierenden Folgen. Hier möchte ich an meinem Bericht über die Messung mit Seismographen anschließen.

Die Insel El Hierro ist mit einem Netz von unterschiedlichsten Messgeräten bestückt. Jeder Punkt auf der Grafik zeigt eine Messtelle. Es sind Seismographen und GPS-Messpunkte.
Wenn Magma aufsteigt und sich im Inneren des Vulkans sammelt, schwillt er allmählich an. Die Oberfläche des Vulkans dehnt sich aus und es entstehen Erhebungen oder Ausdehnungen. Die Forscher können diese Veränderungen messen. Dazu verwenden sie das Satellitensystem GPS.

Die Abkürzung GPS steht für global positioning system, deutsch: globales Positionsbestimmungssystem. Es wurde in den 1980er-Jahren vom US-amerikanischen Verteidigungsministerium zur weltweiten Positionsbestimmung und Zeitmessung entwickelt. Jeder kennt Navigationsgeräte, Mobilfunknetze oder LKW-Maut – ohne diese moderne Satellitentechnik funktioniert heute kaum noch etwas.

Seine Grundlage bildet ein System aus Satelliten, die die Erde in einer Höhe von circa 20.000 Kilometern umkreisen. Von jedem Punkt unseres Planeten und zu jedem beliebigen Zeitpunkt sind die Signale von mindestens vier GPS-Satelliten zu empfangen. Jeder Satellit strahlt charakteristische Funksignale ab, die auch ein äußerst genaues Zeitsignal enthalten. Der Empfänger auf der Erde vergleicht die Signale der Satelliten und berechnet daraus seine Position auf der Erdoberfläche. Veränderungen in den Werten sagen den Wissenschaftlern, ob sich ein Vulkan hebt und aufwölbt.

Auf dem Foto haben wir eine solche Station von El Hierro. Unauffällige Erdbunker die autark, mit eigener Solar- Energieversorgung, diese Messungen vornehmen. Die Daten werden an eine zentrale Stelle des Instituto Geografico National weitergeleitet und dort ausgewertet.
Diese Stationen haben nun gemeldet, daß sich der Boden unter El Hierro auswölbt - und zwar bisher um 35 mm. Noch wenig, aber eine Blasenbildung ist schon vorhanden. Bei anderen Vulkanen können diese Erhebungen 2-3 m ausmachen. Ein undrückliches Zeichen, daß der Magmadruck im Untergrund anwächst und ein Platzen der Erdkruste, also ein Vulkanausbruch, bevorsteht.

Diese Daten werden weltweit gesammelt und im GEOFON Global Seismic Monitor  automatisch dargestellt. Hier taucht auch El Hierro auf.


Nun gibt es noch eine dritte Methode Vulkanausbrüche vorzeitig zu erkennen - das ist die Messung der Gaszusammensetzung mit dem Gasspektrometer. Dazu in den nächsten Tagen mehr. 






El Hierro: Die Katastrophen Vorbereitung läuft an

Die Erdbebenaktivität hält weiter unvermindert an. Gestern gab es 147 Erdstöße, davon über 100 mit einer Magnidute von über 2,0. Das stärkste Beben ereignete sich heute Nacht um 0.35 Uhr mit 3,5 auf der Richterskala.
Wie der Generaldirektor de Seguridad y Emergencias ( für Sicherheit u. Notfälle) Juan Manuel Santana gestern mitteilte, war an die Evakuierung von 300 Personen in Erdrutsch und Steinschlag gefährdeten Gebieten gedacht worden. Es sind Häuser die sich direkt unterhalb der Abbruchkante des El Golfokraters befinden. Betroffen sind Familien in Las Puntas, Guinea, Frontera, Sabinosa und dem am Meer liegenden Pozo de la Salud.
Tatsächlich evakuiert wurden aber nach nochmaliger Überprüfung nur 57 Personen, die meist bei Verwandten an sicheren Orten unterkamen. 15 Evakuierte wurden in einer Schule in Valverde untergebracht.

Geschlossen wurden auch alle Schulen in den gefährdeten Gebieten.

Nicht mehr befahrbar ist der neue und über 2 km lange Tunnel Roquillos zwischen Mocanal und Frontera. Hier gab es einige kleinere Erdrutsche. Aus Sicherheitsgründen bleibt er bis auf weiteres gesperrt. Der Verkehr fließt nun wieder über die alte Bergstrecke.

Die Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung laufen auf Hochtouren. Der mobile Kommandobus mit modernsten Kommunikationseinrichtungen ausgestattet, der normal auf Teneriffa stationiert ist, wurde nach El Hierro gebracht. Auch zusätzliche Krankenwagen und ein mobiles Krankenhaus, sowie geländegängige Transportfahrzeuge kamen gestern mit der Fähre an.

Der Kommandeur der von Festlandspanien nach El Hierro verlegten Spezialeinheit für Katastrophenfälle versicherte gestern auch, daß kurzfristig weiterer Nachschub wie Material, Fahrzeuge, Flugzeuge oder Hubschrauber auf die Insel gebracht werden kann. Aus eigener Erfahrung weis ich, daß diese Einheit die bereits vor 2 Jahren bei unserem großen Waldbrand auf La Palma im Einsatz war, sehr effektiv ist und einiges auf die Beine stellen kann.

Der kanarische Präsident Paulino Rivero versicherte, daß alles zum Schutze der Bevölkerung getan werde. Man habe jetzt noch genügend Zeit sich intensiv auf den evtl. Ernstfall vorzubereiten. Eine direkte Bedrohung bestehe im Moment aber nicht.

Die Behörden sind natürlich bestrebt, alles herunter zu spielen und die Bevölkerung zu beruhigen. Nach 8 deutlich gefühlten Erdstößen alleine am Mittwoch, wird es doch vielen Herrenos so langsam unheimlich. Wie würden Sie sich fühlen in dem Wissen, auf einem brodelnden Vulkan festzusitzen. An einen normal geregelten Tagesablauf ist hier nicht mehr zu denken.
Wie mir gestern auch eine Bekannte aus Frontera erzählte, sitzt sie bereits auf gepackten Koffern, jederzeit bereit alles aufzugeben und schnellstens die Insel zu verlassen. Unterschlupf würde sie bei Verwandten auf Teneriffa finden. Das ist momentan die Stimmung und Ungewissheit von vielen Menschen auf der Insel.
Auch haben mich eine Reihe von Gäste Anfragen erreicht, die in den nächsten Wochen einen El Hierro Urlaub gebucht haben.

Mein Rat dazu: Wenn Sie kein Vulkanologe oder Wissenschaftler sind, der natürlich einen Vulkanausbruch als das "Highlight" betrachtet, versuchen Sie den Urlaub zu verschieben. Sie müssen sich nicht unbedingt absehbaren Gefahren aussetzen. Der Flugverkehr könnte wegen einer Aschewolke eingestellt werden und die Fähren müssen wichtigere Dinge als Gäste transportieren und sind vielleicht ausgebucht. Auch behördliche Maßnahmen könnten das Reisen einschränken.
Sicher treffen Sie auch auf keinen ruhigen und ausgeglichenen Herreno und Sie wollten sich doch erholen.

Warten Sie einfach ab und verschieben Sie ihren El Hierro Aufenthalt auf ruhigere Zeiten oder planen Sie als Alternative eine Nachbarinsel ein, wie z. B. mein La Palma - auch eine sehr schöne Insel.