Samstag, 20. Juli 2013

Erdölförderung - Gewinn oder Vernunft

NEWS: 13.52 Uhr - Beben von ML3,3 westlich von Lanzarote aus 20 km Tiefe.

Können Erdölbohrungen in einem vulkanisch aktiven Gebiet, Erdbeben oder gar Vulkanausbrüche auslösen?

Es geht um die Erkundungsbohrungen im Meeresgebiet zwischen den Kanaren und der Küste Marokkos. Von der Bohrung selbst dürfte keine große Gefahr ausgehen. Die Bohrlöcher von nur einigen Zentimeter Durchmesser dürften den Gesteinsaufbau nicht beeinträchtigen.

Ganz anders sieht es aber aus, wenn Gas oder Erdöl aus den Löchern austritt und im Untergrund eine Art Vakuum entsteht und andere Druckverhältnisse schafft. Ziel dieser Probebohrungen ist es ja, das Erdölfeld zu finden und später auch auszubeuten. Millionen Kubikmeter Erdöl sollen im Erfolgsfall gefördert werden und es würde ein großer Hohlraum mit anderen Druckverhältnissen im Untergrund entstehen.

Dieser Hohlraum wird zwar mit Meereswasser geflutet um den Förderdruck aufrecht zu halten, aber die Konsistenz von Öl und Wasser sind doch verschieden.
Der Gesteinsaufbau kann in Bewegung geraten, Schichten sich verlagern und Erdbeben auslösen.

Beispiele von menschengemachten Beben gibt es bereits mehrere.

Als im Jahre 2006 in Basel die Erde bebte, hatte das schwerwiegende Folgen für die Geothermie Bohrung. Auslöser für das Beben waren große Wassermengen, die unter hohem Druck in die Tiefe gepresst worden waren. Durch die Erdstöße entstanden kleine Schäden an Gebäuden. Die Versicherungen zahlten Kompensationen in Millionenhöhe aus. Das Projekt in Basel musste daraufhin abgebrochen werden.

Als 2011 in der Nähe des spanischen Stadt Lorca die Erde bebte, kamen neun Menschen ums Leben. Für einen Erdstoß der Stärke von 5,1 waren die Auswirkungen groß. Viele Häuser in der Stadt wurden stark beschädigt.
Als Ursache führt ein internationales Forscherteam an, dass die Beben sich in geringer Tiefe von nur drei Kilometern ereignet hatten. Normalerweise kämen Erdbeben dieser Stärke in bedeutend größeren Tiefen vor.
Die Forscher um Pablo González von der University of Western Ontario in Kanada berichten im Fachmagazin "Nature Geoscience", dass der Mensch mit seinen Aktivitäten wahrscheinlich mitverantwortlich für das Beben war. Durch das  fortlaufendes Abpumpen des Wassers seit 1960 um mindestens 250 Meter ist der Grundwasserspiegel gesunken.

Die Forscher verglichen Satellitenaufnahmen des Gebiets vor und nach dem Beben und untersuchte Bodenverwerfungen im Untergrund. Sie stellten fest, dass das Beben an einer bereits existierenden seismischen Bruchlinie in 3 km Tiefe ereignete. Nahe dieser Bruchlinie war aus einer Grundwasserschicht in großem Stil Wasser abgepumpt worden. Dadurch entstanden Risse in der Erdkruste, was zu neuen Spannungen an der Bruchlinie selbst führte.


Auch bei der in jüngster Zeit vermehrt eingesetzten Fracking- Erdölgewinnung  gab es Zwischenfälle. Erdbeben in den USA Erschütternder Fracking-Boom

Auch Deutschland bleibt nicht verschont. Durch die Gasförderung in Niedersachsen wurde 2012 ein Beben ausgelöst. Der NDR berichtete darüber "Gasförderung kann weitere Erdbeben auslösen"

Viele weitere Beispiele von künstlich ausgelösten Beben gab es bereits in der Vergangenheit. Auch wenn nicht jedes Ereignis wissenschaftlich bewiesen werden kann, war der Mensch vermutlich doch öfter beteiligt. Menschengemachte Erdbeben: Die verheimlichten Ursachen der Katastrophen

Wenn nun in einem vulkanisch aktiven Gebiet Erdöl und Gas gefördert werden soll, sind geologische Verwerfungen grundsätzlich nicht auszuschließen. Durch Beben entstehen Risse in der Erdkruste, die den Aufstieg der Magma fördern oder gar erst ermöglichen.
Mir ist nicht bekannt ob bisher überhaupt auf dem Globus direkt über einem Hotspot nach Erdöl gebohrt wurde. Auch gibt es keine Untersuchungs- oder Forschungsergebnisse zu möglichen Auswirkungen.

Versuchskaninchen sind letztendlich die hier lebenden Menschen, die mit den möglichen Folgen klar kommen müssen. Der Energiehunger verdrängt leider alle Bedenken. Wirtschaftliche Interessen sind wichtiger, auch wenn letztendlich der "Raubbau" an der Natur im Endeffekt noch viel teurer kommt.

Wie wenig die Erde unter unseren Füßen beherrschbar ist, zeigen auch die Studien der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Selbst geringe Veränderungen des Drucks im Untergrund genügen, um Erdbeben in einigen Kilometern Tiefe auszulösen.

Die Gefahr einer unkontrollierten Entwicklung ist immer vorhanden.
“Unsere Untersuchungen zeigen damit auch, dass die Erdkruste schon auf kleinste Veränderungen sehr empfindlich reagieren kann”- so die Geologen.

Aktuell zum heutigen Thema: In der Ostschweiz hat am Samstagmorgen die Erde gebebt. Ursache für das Beben von ML3,6 ist das St.Galler Geothermie-Projekt im Sittertobel. Laut den Projektverantwortlichen ist das Bohrloch nun stabilisiert worden, weitere Beben sind aber nicht ausgeschlossen - St. Galler Tagblatt - (Danke an Carlos und Peter für den Hinweis)


Heute Morgen um 1.55 Uhr ein ML1,8 Beben vor der Westküste von El Hierro (siehe IGN Grafik). Das Beben kam aus 16 km Tiefe. Gestern gab es insgesamt nur 2 leichte Erdstöße.


3 Kommentare:

  1. Ganz aktuell dazu ein Beben von gestern: http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/geothermie-bohrung-verursacht-erdbeben-nahe-dem-bodensee-a-912284.html#ref=rss

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Herr Betzwieser,
    habe grade auf www.n-tv.de einen bericht über den Deutschen Transrapid für Tenerrifa gesehn. Kosten 3 Millarden € wovon schon 50% bei der Europäischen Bank bereit liegen sollen.
    Währe mal schön zu erfahren was die Spanier da von halten.

    Mfg OliPausW

    ps.: Wuppertal 42° in der Sonne und mal keine Wolke zu sehn

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Oli,
    es wird bereits seit Jahren über eine Straßenbahn, Eisenbahn oder Magnetschwebebahn für eine Verbindung vom Süden Teneriffas nach Norden diskutiert.
    Es ist eine örtliche Diskussion die Festlandspanien und auch die Nachbarinseln kaum interessiert. Solange Teneriffa seine Projekte selbst finanziert soll das auch Recht sein.
    Hier beginnt aber der Knackpunkt. Das bankrotte Madrid soll zahlen und das kann und will es nicht.
    Der Teneriffa Präsident Melchior der in Deutschland studiert hat und sehr gute Kontakte hat, versucht nun Deutschland als Zahlmeister für das Prestigeprojekt Transrapid ins Boot zu holen. Wenn das gelingt wird gebaut - sonst wieder zu den Akten gelegt.
    Ob man eine Transrapidstrecke auf Teneriffa braucht und sich wirtschaftlich überhaupt lohnt, da habe ich so meine Zweifel.
    Einen interessanten Bericht gab es in der Welt:
    http://www.welt.de/wirtschaft/article118242167/Transrapid-soll-auf-Teneriffa-um-den-Vulkan-fliegen.html

    Gruß
    Manfred

    AntwortenLöschen

Bitte Kommentare immer mit Ihrem Namen versehen. Danke!