Donnerstag, 8. März 2012

El Hierro - Näher betrachtet

NEWS:
So richtig Ruhe gibt unser Eldiscreto noch nicht. Auch gestern gab es wieder drei Beben.
Heute Morgen um 6.26 Uhr noch einen Erdstoß mit ML1,7 im Süden. Die Tiefe konnte noch nicht ermittelt werden. Das Instituto Volcanológico de Canarias (INVOLCAN) sucht nun ehrenamtliche Mitarbeiter die an der Kontrolle und Überwachung des Vulkan mitarbeiten. Für Kost und Unterkunft wird gesorgt. Wer also längere Zeit auf El Hierro weilt, sich spanisch verständigen kann und sich für eine derartige Aufgabe berufen fühlt, meldet sich bei Involcan unter e-Mail  gladys@iter.es


Bisher haben viele den Hafen von La Restinga nur aus der Ferne über die Webcam kennen gelernt. Hier oben eine Nahauf- nahme der Pier mit den schmuckvollen Mauerverziehrungen. Man baut hier nicht nur mit nacktem Beton, sondern verkleidet die Konstruktion Inseltypisch.
Der Salvamento Rettungskreuzer aus der Nähe. Vor zwei Jahren als dieses Bild entstand, kam er gerade Fabrikfrisch im Hafen an und wurde erst eingerichtet.
Nicht fehlen darf natürlich das Cabildo U-Boot, das die vergangenen Monate immer im Hafenbecken vor sich hin dümpelte. Geplant war es als Touristen Attraktion um die wunder- bare Unterwasserwelt vor Restinga auch aus der Sicht eines Tauchers vorführen zu können. So richtig zum Einsatz kam es noch nie, da der passende Kapitän mit den notwendigen Lizenzen fehlt. Es wird daher auch der "500.000 Euro Kadaver" genannt. Vielleicht dient es in Zukunft als Beobachtungsplattform über dem Eldiscreto. Es wäre zumindest eine Möglichkeit trockenen Fußes den Vulkankegel näher zu betrachten. Es liegt bereits seit über 5 Jahren, meist auf seinem Trockendock und wartet auf seinen Einsatz.

Wenn wir die Jahre noch etwas weiter zurück drehen, so auf  jene Zeit um 1978, da sah es auf El Hierro noch ganz anders aus. Lassen wir doch Karin aus ihrem Nähkästchen plaudern:  

El Hierro früher
Als ich vor fast 35 Jahren mit meiner Freundin auf die Insel kam, hatten wir das Gefühl, in ein ganz anderes Universum einzutauchen, faszinierend der Kontrast zu Hamburg. 

Uns sprangen zuerst die bizarre, wunderschöne, unberührte Natur, die unverputzten Häuser, die vielen schwarz gekleideten Frauen (8 Jahre Trauerzeit), die lärmerfüllten, frauenlosen Bars und das Fehlen von Ampeln und Touristen ins Auge. Es waren mehr Esel als Autos unterwegs und ein "Experte" konnte auf Anhieb alle Fahrzeugkennzeichen incl. Besitzernamen herunterrasseln.
Erst seit wenigen Jahren wurde der kleine Flughafen von 20 sitzigen Propellermaschinen angeflogen, ein Postschiff verkehrte 3 x die Woche zwischen El Hierro und Los Cristianos, keine Fähre, und die wenigen zu transportierenden PKW´s mussten in Netze fahren, um dann per Kran aufs Schiff gehievt zu werden.
Aus den Radios tönte überall "la constitucion dice...", Franco war tot und Spanien dabei sich eine Verfassung zu geben. Der junge König setzte auf Demokratie, was für den alten Diktator sicher "asqueroso", widerlich, gewesen wäre, der erste Schritt in die Neuzeit war vollzogen.
Die meisten Herreños hatten ein kärgliches Einkommen und waren schlecht ausgebildet und fremdsprachenfrei. Sehr früh mussten die chicas unermüdlich im Haushalt und die chicos auf den Äckern und bei der Versorgung des Viehs helfen, vom Lernen wurde niemand satt.
Es gab nur in wenigen Orten Strom, die Strassen waren voller Schlaglöcher und das Angebot in den Tante Emma Läden mehr als karg. Der einzige Arzt fuer 8000 Menschen fungierte gleichzeitig als Bürgermeister und in dem Mini-Krankenhaus taten 3 oder 4 Nonnen was sie konnten.
Gefeiert wurde auch damals gern und hingebungsvoll, beeindruckende Prozessionen, die jungen Männer konnten sich beim Ringkampf von ihrer besten Seite zeigen, den Gegner auf die Matte schmeissen, die Mädchen beeindrucken und es wurde viel Inselwein getrunken. Wenn in den Casinos Fiesta war, schwang die Dorfjugend das Tanzbein, immer unter der strengen Aufsicht von Mama, Papa, Abuelo y Abuela, um "Fehltritte" beim weiblichen Nachwuchs rechtzeitig verhindern zu können, die Ehre der Familie stand auf dem Spiel. Geheiratet wurde sehr früh und nicht immer aus Liebe, lebenslänglich, da es keine Scheidung gab. Eine unverheiratete Frau war mit Anfang 2o hart an der Grenze als "solterona", frei übersetzt "vertrocknete Jungfer" abgestempelt zu werden, kein leichtes Los.

Warum schwelge ich in Erinnerungen? Ein Versuch den Menschen auf El Hierro und ihrer Geschichte gerecht zu werden, um ihrem "Anderssein" mit interkulturellem Respekt begegnen zu können und bewusst zu machen, warum die Uhren hier anders ticken.

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